Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 579
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Rezensionen

579

Walter Gretz: Unterwegs zu Mo-
scherosch. Friedrich Reinhardt Verlag
Basel, 128 S., 13,50 EUR.
ISBN 3-7245-1323-2.

Die Schriften Johann Michael Mo-
scherosch schmecken dem modernen Leser
nicht auf Anhieb. Die „Gesichte Phil-
anders von Sittewalt" (1640), das Hauptwerk
, sind getränkt mit gelehrten Exkursen
und Anmerkungen, die langen Atem
verlangen. Seine Erziehungsschrift „Die
schlaflose Sorge der Eltern" gibt sich lockerer
, entwickelt jedoch pädagogisch
Grundsätze, die dem Menschenbild des
17. Jahrhunderts verhaftet sind. Mo-
scherosch war gebildeter als Grimmelshausen
, dem die humanistische Bildung
fehlte und der unter anderem deshalb ein
breiteres Publikum im Auge hatte.

Dessen ungeachtet stellt man erstaunt
fest, dass in den letzten Jahren die Versuche
sich häufen, neuen Zugang zu Mo-
scherosch zu finden. Schon die modernisierte
Fassung des Gedichts „Soldaten-Leben
"', einer Schilderung des Treibens einer
Bande von Marodeuren im Dreißigjährigen
Krieg, fand große Resonanz und bewies
, dass seine Schriften, wenn man sie
entlastet, auch moderne Leser zu bewegen
vermögen. Im Moscherosch-Gedenkjahr
2001 öffnete Ludwig Harig, der Saarländer
und Kenner Lothringens, den Zugang
zu einer bis dahin wenig beachteten Seite
Moscheroschs. Er führte in seiner Festrede
die so modern anmutenden sprachlichen
Kabinettstücke Moscheroschs vor
und schlug eine Brücke zu jüngeren Entwicklungen
der Literatur, zur Konkreten
Poesie.

Nun legt Walter Gretz unter dem Titel
„Unterwegs zu Moscherosch" einen
schmalen Band vor, der wie kein anderer
geeignet ist, Moscherosch schmackhaft zu
machen. Schon der Titel deutet an, dass es
sich um kein Fachbuch, vielmehr um einen
Versuch handelt. Es kommt ohne
Fußnoten und gelehrten Apparat aus, ist
reich bebildert und in leicht fließender,
griffiger Sprache gehalten. Der Titel will

doppeldeutig verstanden sein: In einem
ersten Teil wird über die bekannte Biographie
Moscheroschs neues, überraschendes
Licht geworfen, so, wenn Gretz den Lebenslauf
von Georges de la Tour, dem
lothringischen Maler, mit einbezieht und
dabei Konstanten der biographischen Entwicklung
einer Generation freilegt:

„ Wissen um eigenes Können und
Drang nach oben, Auseinandertreten von
Leben und Werk, wobei eher das Werk
Würde und Unanfechtbarkeit gewinnt,
Selbstbehauptung in Kriegsdrangsalen,
Jähzorngrundierungen dort wie hier. Bei
Moscherosch wie bei de la Tour erreichte
ein Sohn, und erst dieser, den Adelsstand,
und die Anziehungskraft auf Nachahmer
oder Nachdrucker ließe sich ebenfalls anführen
. Selbst im Verblassen des Namens
und im allmählichen Wiederentdecken wäre
ein Stück Zusammenschau möglich. "

Im Aufdecken solcher Beziehungsgeflechte
kommt Gretz ein sensibles
psychologisches Einfühlungsvermögen
zugute. Er ist von entschiedener Nüchternheit
seiner Figur gegenüber, zeigt
Schwächen und Fehlgänge Moscheroschs
auf - und ist doch vernarrt in die Spannweite
seiner Fähigkeiten und die Abenteuerlichkeit
seines Lebenslaufs.

Der zweite Teil ist sozusagen ein Fahrtenbuch
. Er bringt Spiegelungen der Burgen
, Städte und Dörfer im Elsass und
Lothringen, in denen Moscherosch zu
Hause war, im eigenen Erwandern und
Erfahren es Autors, das offenbar gut fünfzig
Jahre zurückreicht. Der besondere
Reiz liegt darin, dass Gretz die Spanne
zwischen damals und jetzt immer bewusst
hält:

„Ursprünglich gebliebene Mosche-
rosch-Stätten gibt es nicht mehr. Das Geburtshaus
ist so wenig erhalten wie die
Grabstätte. Wohnhäuser, Amthäuser sind
zerstört; Zuweisungen gehen ins Leere.
Burg- und Schlossunterkünfte lassen sich
zwischen Ruinen oder auf anders überbautem
Terrain allenfalls vermuten ...
Seltsam, dass einen das Reisen auf Mo-


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