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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 142
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Frank Flechtmann

Feldpost für den SS-Obersturmbannführer: Esther Ortmann, Hornberg/
Schwarzwaldbahn.

Im April 1940 gehörte Dr. Ortmann als SS-Hauptsturmführer noch der
Sanitätsstaffel 86 an, also zur 86. SS-Standarte mit Sitz in Offenburg. Auf
eine kurze Ausbildung bei der SS-Verfügungstruppe (der späteren Waffen-
SS) ab Ende November 1939 folgte ab dem 20. April 1940 bis zum
12.2.1941 seine Tätigkeit als Leitender Arzt der Inspektion der Konzentrationslager
und zugleich im Lager Sachsenhausen als Lagerarzt.12 Dabei
unterschied er sich stark von den anderen SS-Ärzten. Der damalige kommunistische
Lagerälteste Harry Naujoks erinnert sich:

„Seit April 1940 haben wir einen neuen SS-Lagerarzt. Es ist SS-Hauptsturmführer
Dr. med. Gustav Ortmann, ein ruhiger, zurückhaltender
Mensch. Er brüllt nicht und schlägt auch nicht. Er nimmt sich der Kranken
ernsthaft an. Wir haben auch den Einruck, dass er Verkehr mit anderen SS-
Leuten nicht gerade sucht. Bei den Blockführern gilt er als Außenseiter.
Die Häftlingspfleger finden bei ihm ein offenes Ohr, wenn sie ihre Vorschläge
für Verbesserungen im Krankenhausbetrieb machen. So setzt er
sich für eine Erweiterung des Krankenbaus ein, was gleichzeitig eine erhöhte
Bettenzahl und auch eine gewisse Modernisierung mit sich bringt. Er
wehrt sich dagegen, dass SS-Leute die Häftlingspfleger unter Druck setzen,
um die Herausgabe von Medikamenten zu erreichen. Eingriffe der Lager-
SS in den Krankenhausbetrieb rufen seinen Protest hervor, da er darin eine
Einmischung in seine Kompetenz sieht.

Eines Morgens müssen alle Blockältesten am Tor antreten. Nach und
nach finden sich auch die verfügbaren SS-Blockführer, die SS-Rapportführer
, die Arbeitsdienstführer, der 2. Lagerführer, SS-Hauptsturmführer Förster
, und der Lagerarzt Dr. med. Ortmann ein. Wir warten eine Ewigkeit.
Dr. Ortmann spricht erregt auf Lagerführer Forster ein, der sich — demonstrativ
unbeteiligt — alles anhört. Endlich geht das Tor auf. Es erscheint
der 1. Schutzhaftlagerführer, SS-Hauptsturmführer Horstedt13. Nach der
üblichen Begrüßung sagt Florstedt zu den versammelten SS-Leuten und
Blockältesten: „Mir ist zu Ohren gekommen, dass kranke Häftlinge gehindert
werden, zum Arzt zu gehen. Jeder kranke Häftling muß dem Arzt vorgeführt
werden. Wer diesen Befehl nicht befolgt, wird bestraft." Dann
dreht er sich um und verlässt mit „Heil Hitler" das Lager. Beim Auseinandergehen
ruft Campe14 mich zu sich: „Es bleibt alles beim alten. Ist das
klar?" Kurz darauf lässt der 2. Lagerführer Forster15 mich rufen: „Es
bleibt alles so, wie es war. Machen Sie keine Geschichten, sonst kriegen Sie
es mit mir zu tun!" „Jawohl, Lagerführer. " Und so blieb alles beim alten.
Wie sollte es denn auch anders sein.

Jeden Abend nach dem Appell zogen die Kranken - oft hundert und
mehr - zum Krankenbau, um sich von den Häftlingspflegern behandeln zu


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