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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 156
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Josef Werner

Der Reinertrag je ha Schälwald konnte Ende der 1880er-Jahre noch mit
durchschnittlich 24,50 Mark angesetzt werden, während 1913 nur noch
12,06 Mark erzielt wurden. Gerechnet wurden hierbei je ha 120 Zentner
Rinden, 50 Ster Schälprügel, Kosten für Nachpflanzung, Steuern, Schälerlohn
und Transport.

Stabhalter Andreas Kuderer, Alt-Ritterbauer in Durbach-Gebirg, setzte
sich ab 1900 vehement für die Belange der Schälwaldbesitzer ein. In der
Karlsruher Zeitung, dem Ortenauer Boten, der Offenburger Zeitung und
den Mittelbadischen Nachrichten verging kaum eine Woche, in welcher
nicht Streitartikel, Leserbriefe oder Beschlüsse und Verhandlungen des badischen
Landwirtschaftsrates oder des badischen Landtags zu lesen waren.
Der Streit entbrannte vornehmlich deshalb, weil sich die Schälwaldbesitzer
von den gewählten Politikern und Verbänden wegen der Schutzzölle für
das Quebrachoholz im Stich gelassen fühlten. Während bei einer Sitzung
des badischen Landwirtschaftsrats vom 12. Dezember 1900 für Weizen
und Roggen 7,50 Mark und für Tabak gar 125 Mark Schutzzoll vorgeschlagen
wurden, war für Quebrachoholz lediglich 1,50 Mark in der Karlsruher
Zeitung zu lesen. Obwohl nach einigem Hin und Her festgestellt wurde,
dass diese 1,50 Mark ein Druckfehler wäre, bemühten sich die Politiker in
der Folge wohl nicht um eine Berichtigung dieser Summe. So beklagte
sich Ritterbauer Kuderer in den Mittelbadischen Nachrichten vom 20. Juni
1901: „Wenn man sichfrägt, wer des Schutzes mehr bedarf, die mit großem
Kapital arbeitenden Großgerbereien und Lederfabriken, die tausende von
Lohmühlenbesitzer und Kleingerber tot machen, die Quebrachohändler
aus Argentinien - oder die tausende selbständige Existenzen der deutschen
Schälwald-Bauern und Lohgerber? - so sollte eigentlich die Antwort nicht
schwerfallen."

Der Bedarf der deutschen Gerbereien wurde um 1900 auf rund 5 Millionen
Doppelzentner Gerbrinde geschätzt, während die heimischen Schälwaldbesitzer
lediglich 1 Million Doppelzentner produzierten. Weiter kam
hinzu, dass die entstehende chemische Industrie immer mehr Extraktstoffe
und Ersatzstoffe für die Lederindustrie entwickelte.

In Baden gab es im Jahre 1882 350 Hauptgerbereibetriebe und Lohmühlen
mit 1732 beschäftigten Personen. 1907 war die Zahl der Gerbereien auf
131 zurückgegangen, welche allerdings 3738 Personen beschäftigten.

Die großherzogliche Regierung hatte gegen eine Zollerhöhung auf ausländische
Gerbstoffe erhebliche Bedenken. Die deutsche Lederindustrie
umfasste um 1900 rund 1/3 der Weltproduktion. Die Oberlederindustrie
war fast ganz auf Mineralgerbung übergegangen. Nur die Sohllederindustrie
arbeitete noch mit Gerbstoffextrakten und Eichenrinde zum Angerben
oder Fertiggerben. Bei einer Zollerhöhung befürchtete die Regierung deshalb
große Wettbewerbsnachteile für die Lederindustrie gegenüber dem
Ausland.14


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