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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 224
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Walter Lang/Bernhard Mettendorf'

wirtschaftlichen Kontrolle unterworfen und zur Aufforstung kulturfähiger
Waldböden und ehemaliger Reut- und Weidfelder verpflichtet wurden; dabei
förderte die Regierung die Anlage von Niederwäldern angesichts des
wachsenden Bedarfs an Gerbrinde. Ab 1880 erstreckte sich die Begünstigung
vor allem auf die Kastanie, weil diese außer Gerbrinde auch noch die
begehrten Rebstecken und Obststützen sowie das gesuchte Farbholz (vor
der Erfindung der Anilinfarben) lieferte; Hintergrund war die wirtschaftliche
Aufwärtsentwicklung jener Zeit, die auch die Intensivierung von Wein-
und Obstbau einschloss (vgl. Solch 1951). Der Markt für die wetterfesten
Rebstecken aus Kastanie war außerordentlich attraktiv, weil der Absatz bis
in das Elsass reichte und ein Rebster, also ein Raummaß von 2,6 m Länge
und je 1 m Höhe und Breite, den enormen Erlös von 25 Goldmark erbrachte
und von diesem Sortiment große Mengen abgesetzt werden konnten
(Ostermann und Hochhardt 1993). Die Verschiebung von der Eiche zur
Kastanie hatte eine weitere Ursache im Preisverfall der Gerbrinde, die infolge
des Imports von argentinischer Quebracho-Rinde in den Jahren nach
1880 statt 8-12 nur noch 2-3 Goldmark je Zentner wert war (wie es der
Ritterbauer Andreas Kuderer von Durbach in seinem lesenswerten Tagebuch
von 1940 schilderte).

Über die Flächenausdehnung der Edelkastanie am westlichen Schwarzwaldrand
gibt es genaue Zahlen aus der Zeit von 1949 bis 1951, als die damalige
Regierung von Südbaden eine amtliche Erhebung des bäuerlichen
Kleinprivatwaldes anordnete. Dabei ergab sich ein Schwerpunkt des Vorkommens
im Bereich zwischen Bühl und Gengenbach mit einem Gesamtumfang
von 2640 ha. Davon entfielen auf den Raum Bühl 211, auf das
Achertal 1065, das Vordere Renchtal 920, das Hintere Renchtal 100, das
Durbachtal 252 und das Vordere Kinzigtal 92 ha; in den sonstigen Randzonen
des Schwarzwaldes war die Edelkastanie nur durch Einzelexemplare
vertreten (Solch 1951).

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts blieben noch schätzungsweise rund
1000 Hektar übrig, weil einerseits die Umwandlung in Nadelwald ab den
1950er-Jahren staatlich gefördert und in großem Umfang vollzogen wurde
(Schülli 1967) und andererseits der Brennholzbedarf durch den außerordentlich
niedrigen Heizölpreis der damaligen Zeit stark rückläufig war.
Außerdem wurde das noch bis 1950 übliche Streurechen gesetzlich untersagt
, um der Bodendevastation Einhalt zu gebieten. Viele Waldbesitzer, die
mit ihrem Nadelwald gute Gewinne erzielten, vernachlässigten den Niederwald
völlig, sodass man heute überalterte „durchgewachsene", also ehemalige
Niederwaldflächen antrifft, die durch einen hohen Tot- und Faulholzanteil
gekennzeichnet sind und sich in einem Auflösungsprozess in Richtung
Nadelwald befinden, da entstehende Lücken von Fichten und Douglasien
besiedelt werden (vgl. Deuschel 1983). Andererseits gibt es aber auch
ehemalige Niederwälder, die eine qualitativ hochwertige Bestandesstruktur


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