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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 310
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Walter Lang

harmloser Population schon immer gegeben hatte, der aber nunmehr durch
das Eindringen einer asiatischen Varietät eine bisher nie gekannte Virulenz
hervorbrachte. Die Folge war ein Kahlfraß an den Laubbäumen des Auewaldes
, vor allem an der Eiche. Zunächst versuchte man durch schonende
manuelle Methoden, nämlich durch Abbürsten der Eigelege an den Stämmen
, an denen diese meist nur in Höhen bis zwei Meter angeklebt waren,
das Ausschlüpfen der Raupen zu verhindern - wofür sich die Schulklassen
von Renchen bereitwillig zur Verfügung stellten. Später konnte man erstaunlicherweise
entdecken, dass sich parallel zur Vermehrung des
Schwammspinners auch eine bestimmte räuberische Raupenfliege aufgrund
des Beuteangebots in gleichem Umfang vermehrt hatte und alle
Schwammspinnerraupen parasitierte, indem sie diesen ein winziges Ei an
den Hinterkopf klebte, aus dem sich dann eine Fliegenlarve entwickelte,
die die Schwammspinnerraupe als Nahrungsquelle benutzte. Auf diese
Weise kam es im zweiten Sommer der Gradation des Schädlings zu einem
vollständigen Zusammenbruch der Massenvermehrung. Auch besaßen die
Bäume genügend Reservestoffe, um wieder auszutreiben, ein Phänomen,
das gerade bei der Eiche von anderen Insektenattacken, wie etwa vom
Frostspanner, schon länger bekannt ist.

Die seit Menschengedenken schlimmste Katastrophe brach über die
Wälder des Renchtales aber am Morgen des 26. Dezember 1999, des
Zweiten Weihnachtsfeiertages herein, als der Orkan „Lothar" über Mitteleuropa
mit einer nie gekannten Windgeschwindigkeit von bis zu 260 Stundenkilometer
hinwegzog und eine Spur der Verwüstung hinterließ. Selbst
als sturmfest gerühmte, 300 Jahre alte Eichen wurden flächenweise umgeworfen
- so auch im Nachbarland Frankreich - ebenso wie auch alle übrigen
Baumarten. Im Vorderen Renchtal kam es zu über eintausend Hektar
Kahlflächen, vorwiegend an den nach Westen und Südwesten geneigten
Hängen der oberen Höhenlagen, auf denen die umgestürzten und gesplitterten
Bäume in einem undurchdringlichen Verhau übereinander lagen. Der
Sturm schlug wahllos in sämtlichen Besitzarten zu; es gab private Waldbesitzer
, deren ganzes Vermögen an hiebreifem Holz zu Boden lag. Eine nähere
Beschreibung dieser Kalamität und die Bewältigung der Krise ist in
einem eigenen Kapitel abgehandelt.

Insgesamt macht die Darstellung aller dieser Ereignisse deutlich, dass
das letzte Viertel des 20. Jahrhunderts für die Wälder des Renchtales und
die dafür verantwortliche Forstverwaltung eine Zeit äußerst dramatischer
Entwicklung war, die von allen Beteiligten eine Höchstmaß an Einsatzbereitschaft
, Flexibilität und Innovationskraft verlangte.


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