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Die Klosterpforte des ehehemaligen Offenburger Franziskanerklosters
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freiem Wohnen mit 100 Gulden und Holz, Wein und Korn bezahlt wurde,
war zur Unterstützung für das Internat ein „Provisor" beigegeben. Der
Unterricht begann um 5 Uhr mit dem „veni, sancte spiritus", Unterrichtssprache
war, bis auf die Unterklassen, Latein.
In dies breite Offenburger Umfeld eines lebendigen Lateins als Konversations
- und Gelehrtensprache ist unsere barocklateinische Inschrift einzuordnen
, hier muss die Suche nach dem gelehrten Humanisten ansetzen, der
zu dieser komplizierten lateinischen Sprachgestaltung mit einer souverän
eingebauten Zahlenverschlüsselung in der Lage war.
WISSENSCHAFTLICHE UNTERSUCHUNGEN
ZUR KLOSTERTÜR
Nachdem der historische, geistige und lokale Hintergrund für die Existenzbedingung
der „tapferen Tür" und seiner geheimnisträchtigen Inschriften
abgesteckt ist, sollen nun die Ergebnisse der Untersuchungen vorgestellt
werden, die in jüngster Zeit angestellt wurden. Es handelt sich dabei zunächst
um Materialuntersuchungen zur Altersbestimmung des verwendeten
Holzes mithilfe der Dendrochronologie und die stilepochenmäßige Einordnung
des eisernen Türschlosses. Danach wird das Ensemble der Inschriften
durch bildoptische Verfahren unter die Lupe genommen werden, ehe eine
kritisch philologische Analyse die lateinischen Aufschriften in ihrer Struktur
, Entstehung und Bedeutung untersucht.
Eine alte Holztüre: Die genaue Datierung aus den Baumringen
Der Erhaltungszustand der ehemaligen Klostertür ist für ihr hohes Alter
außerordentlich gut. Lediglich eine daumennagelgroße rechteckige Flickstelle
rechts in Schulterhöhe und ca. zwei Dutzend Nagellöcher zeigen Spuren
der Benutzung (z.B. für Zettelanschläge), zwischen dritter und vierter
Bohle von links klafft ein bleistiftbreiter Riss. Die Archäologie, die ja oft
die Befunde, die sie untersucht, zerstört, hat bei den hier angewandten Methoden
keinerlei Veränderungen an ihrem Objekt vorgenommen - und ist
dabei trotzdem zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen. Das gilt sowohl
für die Holzalterbestimmung als auch für alle bildoptischen Methoden.8
Die Dendrochronologie ist eine seit Jahren bewährte Methode zur Altersdatierung
von Holzmaterialien aufgrund der individuellen Abfolge von
Jahresringen eines Baumstammes. Sie beruht darauf, dass in unseren gemäßigten
Klimazonen jeder Baum alljährlich im Frühjahrs- und Sommerwachstum
einen neuen Ring ansetzt, der an seiner entsprechenden Position
in jedem Stück des verarbeiteten Holzes erkennbar ist. Diese Jahresringe
sind in niederschlagsarmen und kalten Jahren schmaler, unter wärmeren
und feuchteren Wetterverhältnissen breiter. Nun lässt sich aber nicht nur
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