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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 348
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348

Manfred Merker

DIE LATEINISCHE INSCHRIFT:
Eine kritische philologische Analyse

Diese älteste erhaltene Holztüre Offenburgs ist dadurch so einzigartig, dass
sie in einer zweifachen, zweizeiligen Inschrift ihr Überlebensjahr, durch
Zahlenbuchstaben verschlüsselt, genau datiert, wobei sie in der ersten Person
von sich selbst in der Zeit des Stadtbrandes von Offenburg 1689
spricht. Unter der jetzt sichtbaren Inschrift, die offenbar für die Nachwelt
Gültigkeit bekommen sollte, verbirgt sich eine nicht ganz gelöschte ältere
Fassung in einer leicht abgeänderten Form. In der Sprache eines Handschriftenkontextes
handelt es sich also um ein Palimpsest, die Wiederverwendung
einer bereits beschriebenen, noch erkennbaren Unterlage. Als
Grund für die Neunutzung durch einen späteren Verfasser liegt auch hier
die Einschätzung zugrunde, dass die ältere Fassung hinfällig und wertlos
und die Unterlage damit besser zu nutzen sei.

Marte arDente CLaVstro eXVsto
tVta s e r Vata f V I, e t fort I s p e r f 1111.

Schon bei dieser computerangepassten Wiedergabe der Hauptinschrift ergibt
sich bei einer ersten epigrafischen Analyse, dass an ihr einiges nicht
stimmt. Bei der Übertragung stellte sich heraus, dass der Verfasser seinen
scheinbar so sauber zentrierten Blocksatz künstlich erzwungen hat: Elf
Buchstabenabstände der zweiten Zeile wurden verkürzt, die Wörter somit
zusammengezogen. Neben diesem Verstoß gegen die epigrafische Ästhetik
wirkt sein grammatikalischer Fehler fast peinlich: Bei der lateinischen
Hauptaussage „servatafui", soll heißen: „servata sum" = „ich bin gerettet
worden" schreibt er falsch „ich bin gerettet ich bin gewesen" und versäumt
dabei sogar die nötige Worttrennung. Völlig verfehlt ist seine Zeichensetzung
. Erstens schließt weder eine Inschrift noch eine Überschrift mit einem
Punkt, zweitens ist das Komma vor dem drittletzten Wort deplatziert:
Nur im Deutschen gilt die Regel, dass auch zwei durch „und" verbundene
Hauptsätze durch Kommata zu trennen sind. Das Lateinische dagegen
kennt überhaupt keine Zeichensetzung. Ebenfalls peinlich ist die Ver-
schreibung im letzen Wort: Statt „perstltl" = „ich habe durchgehalten",
liest man „perftltl", was überhaupt keinen Sinn ergibt.

Der epigrafischen soll eine grammatikalisch syntaktische Analyse der
barocklateinischen Türinschrift folgen. Die Aufschrift ist in ihrem klaren
Satzaufbau überzeugend formuliert, gerade wenn man die enormen
Schwierigkeiten einer Zahlenverschlüsselung bedenkt. Sie besteht aus den
beiden Hauptsätzen der zweiten Zeile mit zwei vorgeschalteten Partizipial-
konstruktionen in der ersten Zeile. „Marte arDente" ist ein A. m. P, ein
Ablativ mit Prädikativum (vulgo „ ablativus absolutus" oder abl.abs.), wo-


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