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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 350
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Manfred Merker

Ein Chronogramm ist, laut Wikipedia, „ein Satz oder eine Inschrift,
meist in lateinischer Sprache, bei der alle darin vorkommenden Buchstaben
, die zugleich römische Zahlensymbole sind (I, V, X, L, C, D, M), zusammengezählt
die Jahreszahl des Ereignisses ergeben, auf das sich der
Text des Chronogramms bezieht. Die Zahlen sind hierbei meist hervorgehoben
, etwa durch Großbuchstaben oder Vergoldung. Im „reinen Chronogramm
" enthält jedes Wort ein Zahlzeichen, im „natürlichen Chronogramm
" sind die Zahlzeichen in der richtigen Jahreszahlenfolge enthalten
... Ein Chronogramm, dessen Text dem Versmaß des Distichons folgt,
heißt Chronodistichon."

Chronogramme kamen in der Barockzeit groß in Mode, besonders in
Süddeutschland und der österreichischen Monarchie. Sie finden sich als
Widmungsinschriften auf Epitaphen, an Kirchenportalen, in Büchern und
auf Kirchenglocken. Bei den Römern gibt es Chronogramme schon deshalb
nicht, weil sie keine Datierung auf ein absolutes Nulldatum kannten,
wie wir mit Christi Geburt, sondern nach den auf dem Kapital aufgestellten
Amtstafeln eponymer Jahreskonsuln datierten („ab urbe condita" ist ein
literarisches Konstrukt).

Ein schönes Beispiel für ein Chronogramm steht auf der Glocke „die alte
Pummerin" des Wiener St. Stephansdoms, die aus bei der Belagerung
Wiens 1683 erbeuteten türkischen Kanonen 1711 gegossen wurde und somit
in unseren historischen Kontext passt:

fVsa eX praeDa TVrCorVM Urbe eXsangVI
hostls potentla fortlter sVperata IVbILante

„Gegossen bin ich aus der Beute der Türken, als die ausgeblutete Stadt
nach tapferer Überwindung der feindlichen Macht jubilierte" im Jahre
1711.13

Aus unserer Nachbarschaft sei ein kurzes Chronogramm aus Gengenbach
zitiert, das ebenfall in die besprochene Zeit fällt. Eine Urkunde zum
1694 erbauten und 1898 renovierten St. Josef-Chörle in der Stadtkirche St.
Marien schließt mit den Worten:

fVIsta qVI Legis paCem opta
VIVIs atqVe DefVnCtls

„... der du hier liest: Wünsche den Lebenden und den Toten Frieden".14

Unser Chronogramm wirkt allein schon durch die gleichmäßig angeordnete
Verteilung der Zahlbuchstaben im Text wie aus einem Guss. Vom Gesamteindruck
eher schlicht ist es aber in seiner präzisen Prägnanz und formalen
Reduktion auf das Wesentliche der Aussage als ein großer Wurf zu


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