Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 407
(PDF, 115 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2007/0407
Unbekannte Gedichte Quirin Moscheroschs (1623-1675)

407

(S. 32): Magister Johannes Schmidtius in die Wortfolge Oculis Capitis Ca-
res, Sed Non Menüs transponiert. In einem zweiten, „Enodatio" (Aufknüpfung
) genannten Teil werden dann die Bezüge zwischen beiden Ebenen
hergestellt. Zuweilen schließt sich ein dritter Teil mit einem zusätzlichen
Huldigungsgedicht an, so bei Johann Konrad Gundelfinger (S. 17), wo die
Wahl Gundelfingen zum Ratsherrn in einem besonderen achtzeiligen lateinischen
Gedicht gefeiert wird.

Da Quirin Moscherosch sich über seine poetischen Prinzipien und Neigungen
kaum je auslässt, ist seine besondere Vorliebe für Anagramme
nicht leicht zu erklären. Ein Anstoß kam sicher aus der Empfehlung dieser
Form durch gefeierte Poeten wie Georg Philipp Harsdörffer.51

Ob, wie von Poeten des vorangegangenen 16. Jahrhunderts, auch noch
von Moscherosch ein magischer Zusammenhang zwischen dem vorgegebenen
Wortmaterial und den gefundenen neuen Wörtern empfunden wurde
, lässt sich nicht überprüfen.52 In diesem Sinn wurden zum Beispiel Verwandlungen
wie die der Frage des Pilatus quid est veritasl (was ist Wahrheit
? Johannes 18:38) in die anagrammatische Antwort Est vir qui adest
(es ist der Mensch hier) als magisch zwingend angenommen. Als gründlich
geschulter Theologe kannte Moscherosch die Kabbala, das magische Buch
der jüdischen Schriftgelehrten, in dem Anagramme in solchem Sinn häufig
waren. Eine allgemeine Vorliebe der Zeitgenossen für verrätselte literarische
Formen wie Chronogramme, Akrostichon, Leipogramme kam hinzu.
Man weckte den spielerischen Reiz für die Leser.

Besondere Aufmerksamkeit verdient das Epigramm für den Bruder (S.
10). Sein Text ist zwar identisch mit dem, was Quirin Moscherosch mit zur
Trauerschrift für Johann Michael mit der Predigt des Pfarrers Mathias Mei-
gener in Worms 1669 beigetragen hat.53 Doch gibt Quirin Moscherosch
hier eingangs Titel und Funktionen seines Bruders an, die so in seinem Gedicht
für die Trauerpredigt nicht aufgeführt werden:

Epicedion in Obitum Nobilissimi, famigratissimi, Domini Johannis
Michaelis Moscheroschii, Com. Palat. Caes. Variorum Statuum
Consiliarii.

Zwar wird der Bruder auch auf dem Titel des Trauergedichts der Leichenschrift
als Vornehmer Jurisconsultus verschiedener Fürsten und Stände gewesener
hoch meritierter Rath etc. bezeichnet, doch den Titel eines Pfalzgrafen
(Comes Palatinus Caesarius) führt nur sein Bruder in dieser Schrift
an. Was ihn legitimierte, dieses hochrangige Amt, das Johann Michael befähigt
hätte, zum Beispiel Adels- und Wappenbriefe auszustellen, unehelich
geborene Kinder zu legitimieren oder Dichter zu krönen, ist unerfindlich
. Nachfragen im Österreichischen Staatsarchiv (Abt. Haus-, Hof- und
Staatsarchiv) ergaben keinen Anhaltspunkt.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2007/0407