http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2007/0462
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Marlin Ruch
Rabbiner Zlocisti hat mir in Offenburg hebräische Grammatik beigebracht
. Er war ein großer Philosoph, der Zlocisti, ein großer Rabbiner, und
er hat mir viel Menschliches beigebracht. Er hat mir auch die Schönheit
der Sprache und von manchem Gebet gezeigt, was ich nie sonst entdeckt
hätte. Aber er hat sein Amt nicht sehr lange ausgeübt, als er hierher kam
und Rabbiner wurde. Später, als er hier in Offenburg war, konnte er nicht
mehr arbeiten, hatte die Parkinsonsche Krankheit. Man hat ihn dann ins
Altersheim nach Mannheim gebracht, und ich glaube, er ist dort noch vor
1933 gestorben."
Konnte Ihr Vater auch Hebräisch?
„Er konnte, aber nicht so wie ich. Er hat das Alphabet in der Schule als
Kind gelernt, um das Gebetbuch lesen zu können und auch zum Schreiben.
Aber manchmal hat man zwar schreiben können und hat nicht gewusst,
was man schreibt. Oder man hat abgeschrieben. Dagegen konnte mein Vater
vorbeten, er hat es gelernt durch Lehrer, und die Übersetzung der Gebete
konnte er absolut leicht tun. Dabei war mein Vater keine Ausnahme.
Viele der Juden konnten vorbeten, weil sie es gelernt hatten, sei es durch
die Eltern, sei es durch Verwandte usw. Und das Lesen der hebräischen
Bücher, das gehörte eben zum Leben auf dem Lande und in der kleinen
Stadt."
Literatur zur jüdischen Gemeinde Diersburgs
Historischer Verein Mittelbaden (Hg.): Diersburg. Die Geschichte einer Jüdischen Landgemeinde
1738-1940. Haigerloch 2000.
Schellinger, Uwe: Aus einer „anderen Welt": Der jüdische Bäcker von Diersburg. Bilder
aus dem Ortenauer Landjudentum. In: Geroldsecker Land 48, 2006, 141-152.
Martin Ruch, Waldseestr. 53, 77731 Willstatt
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