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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 465
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Der Kippenheimer Höfer-Fund.

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anderhalbstöckige Behausung Scheuer und Stallung" als Eigentum.14 Mehr
als 170 Jahre später wurden dort ihre Familienunterlagen aufgefunden.
Auch Mina Weil wird spätestens nach dem Tod ihres Mannes im Haus von
Tochter und Schweigersohn mitgelebt haben, wodurch zu erklären ist, dass
auch Unterlagen von ihr dort auftauchten.

Arie Löb Weil hat in seinem Haus eine offenbar recht erfolgreiche Eisenwarenhandlung
begründet oder ein schon zuvor bestehendes Geschäft
weitergeführt. Wann genau dieses Unternehmen gegründet wurde, ist unklar
. Die Datierung der vorliegenden Dokumente lassen an eine Etablierung
spätestens in den 1840er-Jahren denken. Als sicher kann gelten, dass
Arie Löb Weil mit seiner Eisenwarenhandlung die Zeiten des fahrenden
Handels hinter sich lassen konnte und damit eine eindeutige Verbesserung
seines gesellschaftlichen Status im Vergleich zu seinen Vorfahren erreichte
.15 Als jahrzehntelanger Vorsteher hat er die Entwicklung der jüdischen
Gemeinde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts maßgeblich mitgeprägt
.16

Nach Arie Löb Weils Tod wurde das Familienunternehmen auf den
Namen seiner Witwe Eva Weil geführt. Nach deren Tod 1858 traten
schließlich ihrer drei Söhne Löb Weill jun. (1823-1887), Nathan Weill
(1828-1894) und Jakob Weill (1837-?) die Nachfolge in der Geschäftsführung
an.17 Bei dem Eisenwarenhändler Nathan Weill handelte es sich um
den Großvater des Komponisten Kurt Weill (1900-1950). Dessen Vater,
Nathans Sohn Albert Weill (1867-1950), war aus der kaufmännischen Tradition
seiner Kippenheimer Familie ausgeschert, hatte sich dem Lehrerund
Kantorenberuf zugewandt und seine Liebe zur Musik später an seinen
danach zu einem Künstler von Weltgeltung aufgestiegenen Sohn weitergegeben
.18

Die Eisenhändler-Familie Weil(l) hatte das Anwesen in der heutigen
Oberen Hauptstraße mindestens acht Jahrzehnte bis ins Jahr 1900 in ihrem
Besitz. Sie gaben es auf, nachdem alle männlichen Nachkommen verstorben
oder in andere Orte und Städte verzogen waren. Gegen Ende des
19. Jahrhunderts hörte die Geschichte der Kippenheimer Eisenwarenhandlung
Weil nach zwei Generationen auf, es kam jedoch in der dritten Generation
in Mannheim noch einmal zu einer Fortsetzung und Fortentwicklung
.19 Die Familiengeschichte der Weil(l)s steht damit exemplarisch für
ein sich immer wieder darbietendes Verlaufsmuster im Wandel der Berufsund
Sozialstruktur des südbadischen Landjudentums: der oft schwierigen
Existenzform als reisende Händler und Hausierer im 17., 18. Jahrhundert
und frühen 19. Jahrhundert folgte seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
schrittweise die ökonomische Konsolidierung durch die Einrichtung
eigener Ladengeschäfte und schließlich - nach Erlass der Emanzipationsgesetzgebung
- gegen Ende des Jahrhunderts die Abwanderung erfolgreicherer
Kaufleute in die Städte sowie der vermehrte Einstieg in freie oder


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