Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 473
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Der Kippenheimer Höfer-Fund

473

Frauen- und Geschlechtergeschichte: Mina und Eva Weil,
zwei jüdische Geschäftsfrauen auf dem Land

Hauptsächliche Protagonistinnen des Gesamtbestandes des Höfer-Fundes
sind zwei Frauen: die beiden Witwen der Handelsmänner Lippmann Weil
und Arie Löb Weil, nämlich Mina Weil (um 1785-1857) und ihre Tochter
Eva Weil (um 1801-1858).36

Beide Frauen treten vorrangig als Geschäftsfrauen in Erscheinung, man
lernt sie durch familiäre Korrespondenzen aber auch als Privatpersonen
kennen. Mina und Eva Weil führten nach dem Tod ihrer Ehemänner deren
Geschäfte weiter und hatten dabei offensichtlich immer wieder Rechtsstreitigkeiten
gegen säumige Kunden durchzustehen. Bislang ist aus Mangel
an Quellen nur sehr wenig über die Lebensbedingungen und die Erwerbstätigkeit
jüdischer Frauen auf dem Land in der Ortenau im 19. Jahrhundert
bekannt.37 Zwar wird angenommen, dass die Ehefrauen der jüdischen
Händler in die Erwerbsarbeit miteinbezogen waren und beispielsweise
für ihre oft tagelang umherreisenden Männer die Bücher führten.
Auch in den im Verlauf des 19. Jahrhunderts allmählich entstandenen festen
Ladengeschäften dürften die Frauen der Händler neue Betätigungsfelder
gefunden oder sogar eigene Läden betrieben haben. In Einzelfällen
konnten diese Sachverhalte für die Anfangsjahrzehnte nach der Jahrhundertwende
belegt werden, eine dichtere Quellenbasis hierfür fehlt jedoch.38
Aus weiter zurückliegenden Jahrzehnten bzw. aus der Mitte des 19. Jahrhunderts
liegen für die geschäftliche Tätigkeit von Frauen hingegen nur äußerst
wenige Belege vor.39 Die aufgefundenen Unterlagen aus der Tätigkeit
von Mina Weil und ihrer Tochter Eva Weil wecken deshalb einige Erwartungen
, was einen Einblick in die spezifische Vorgehensweise und die Geschäftspraxis
jüdischer Frauen, etwa in der Auseinandersetzung mit männlichen
Geschäftspartnern, anbelangt.

Zu den interessantesten Stücken aus dem Höfer-Fund sind die Briefkontakte
von Mina Weil, vornehmlich aus den 1840er- und 1850er-Jahren, mit
Verwandten aus Sulzburg, Müllheim und Karlsruhe zu zählen. Diese Briefe
sind allesamt im sogenannten Judendeutsch geschrieben und in Form und
Inhalt für den südbadischen Raum ausgesprochene Besonderheiten. In
Karlsruhe lebten offensichtlich Mina Weils jüngerer Bruder Löb sowie ihr
Neffe Isaak (Itzik) aus der dort ansässigen Familie Fortlouis/Vorlouis40, in
Sulzburg ihre seit 1830 mit Wolf Weil verheiratete gleichnamige Tochter
Mina. Die Verwandtschaftsbeziehungen der Kippenheimer Weils nach
Müllheim im Markgräflerland konnten unlängst schon einmal belegt werden
. Eine (namentlich nicht bekannte) Tochter Mina Weils hatte sich mit
Victor Bloch verheiratet, die Enkelin Charlotte (Zerle) Weil heiratete 1845
den Müllheimer Kaufmann Jakob Elias Meyer.41 Eine solch große Zahl
von überlieferten Privatbriefen, wie sie nun im Höfer-Fund festgestellt


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