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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 96
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Heinz G. Huber

lige Opfer und Gegner des Nationalsozialismus aus dem katholischen Lager
alarmierten. Auf der anderen Seite nahm zu einem frühen Zeitpunkt
von der Nußbacher Wallfahrt eine auf deutsch-französische Versöhnung
und die europäische Einigung gerichtete Bewegung ihren Ausgangspunkt,
die aus heutiger Perspektive sehr fortschrittlich wirkt. Pfarrer Bigott hatte
seinerzeit schon mit großem Stolz vor den Pilgern verkündet: „In Nußbach
reden wir nicht vom christlichen Europa, wir schaffen es!"34

Die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit
und deren noch lebenden Repräsentanten war zu Beginn der 1950er-Jahre
unter dem Eindruck des Kalten Krieges und der kommunistischen Bedrohung
beendet worden. Symptomatisch dafür der Auftritt des ehemaligen
Dachauhäftlings, bayerischen Kultusministers und damaligen Landtagspräsidenten
Dr. Dr. Aloys Hundhammer.35 Er sprach 1951 nach der Wallfahrtsfeier
auf St. Wendel zu Tausenden von Pilgern:

„Der Bolschewismus wolle Gott aus der Welt schaffen; wir aber müssten
uns in die christliche Welt einfügen. ,Wer ist in den Westzonen, der tauschen
möchte mit den Zuständen hinter dem eisernen Vorhang?', rief Dr.
Hundhammer aus. , Wir sehen niemanden, der vom Westen in die Ostzone
flüchtet; aber umgekehrt!' Wir seien in die nüchterne Wirklichkeit gestellt,
Wälle und Dämme zu bauen gegen Fluten, die uns drohen. Es gälte einen
anderen, christlichen Geist zu schaffen, um die Rettung Europas zu sichern
. Die Situation sei heute wie bei der Schlacht von Lepanto oder den
Türken vor Wien. Wir müssten uns über den Ernst der Lage im Klaren sein.
Beten, handeln, verteidigen, daraufkomme es an. "36

Persönlichkeiten wie Hundhammer, die aus fundamentalistisch-christlicher
Orientierung dem NS-System widerstanden hatten, sahen sich jetzt noch
mehr durch den atheistischen Bolschewismus herausgefordert. Hundhammer
orientierte sich freilich dabei an den Idealen einer vormodernen, romantisch
-verklärten Agrargesellschaft, die in einer pluralistischen Industriegesellschaft
bereits zum Anachronismus geworden war.

Die Kritik am totalitären Kommunismus und dessen barbarischen Missachtung
der Menschenrechte in der Sowjetunion, der DDR und China war
jedoch nicht Ausdruck eines „ideologischen" Antikommunismus, sondern
gerade auch vor den in Nazideutschland geschehenen Verbrechen eine Verpflichtung
. So hatte 1954 der aus dem kommunistischen China vertriebene
Kapuzinerbischof Gratian Grimm, 1954 geistlicher Wendelinusreiter und
Prediger, die Pilger auf die Lage der Christen und die Menschenrechtsitua-
tion der Bürger aufmerksam gemacht:

„In seinem Predigerwort schilderte nun Bischof Grimm den Leidensweg
der verfolgten Kirche in Rot-China. 1951 begann dort die ,Landreform'
der roten Machthaber, die zu totaler Versklavung und völligen Entrechtung


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