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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 611
(PDF, 97 MB)
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Berichte der Fachgruppen

611

sehen Erbfolgekrieg tun ein Übriges. Im 18. Jh. wird zwar mehrmals renoviert, trotzdem
wird die Kirche schließlich geschlossen, der Friedhof bleibt aber bis ins 19. Jh. bestehen.
Erst seit 1956 finden wieder regelmäßig Gottesdienste statt. Bereits 1913 werden - zunächst
nur auf der Chorbogenwand - Malereispuren festgestellt, wenige Jahre später auch
auf den anderen Wandllächen. 1935 erfolgt eine erneute Untersuchung durch Restaurator
Metzger, der einen stark unterschiedlichen Erhaltungszustand feststellt. Die Malereien des
Chores sind am besten erhalten, die des Langhauses deutlich schlechter. Malerei und Übertünchung
haben sich fest verbunden, was eine Freilegung schwierig macht. Die eigentliche
Freilegung beginnt durch Restaurator Metzger 1939, wird aber erst 1957 durch Restaurator
Feuerstein zum Abschluss gebracht. Die bis dato letzte Restaurierung erfolgte 1985.

Restaurator Feuerstein stellte 1957 insgesamt vier malerische Ausstattungen fest:

1. Rote Farbreste auf der Langhausnordwand, zur ersten Ausmalung gehörig, wohl noch
aus dem 13. Jh.

2. Weihekreuze im Chor. Sie ähneln sehr stark denjenigen in der Korker Kirche.

3. Figürliche Ausmalung aus der 2. H. 15. Jh. (andere Quelle: 1410-1420), über alle Wände
und das Chorgewölbe hinweg.

4. Gelb-roter barocker Rankenfries (heute nur noch über dem Triumphbogen zu sehen).

Der Chor besitzt heute noch eine fast vollständige Ausmalung, während im Langhaus nur
noch die Osthälfte der Nordwand und die linke Hälfte der Chorbogenwand Malereien tragen
. Es sind jeweils szenische Darstellungen in zwei Registern übereinander vorhanden,
unterteilt durch Ornamentbänder. Diese Art der Darstellung ist in der Gotik weit verbreitet.
Auf der Langhausnordwand sind östlich eines später eingebrochenen Fensters die Reste einer
Passionsfolge zu erkennen, die ursprünglich wohl die gesamte Nordwand eingenommen
hat. Hier finden sich - im unteren Register - Farbreste, die der ersten Ausstattungsphase angehören
dürften. Auf der linken Hälfte der Chorbogenwand sind Verkündigung und Heimsuchung
dargestellt. Ihre Fortsetzung hat die Geschichte aber nicht, wie erwartet, auf der
rechten Seite, sondern im Chor. Auf der Westwand (der Chorseite des Chorbogens) schließen
sich auf zwei Registern die Geburt Christi, die Beschneidung und die Darstellung im
Tempel an. Weitere Szenen sind leider zerstört. Besonders interessant ist dabei das obere
Register mit der Geburts- und der Beschneidungsszene. Die anbetende Maria scheint zweimal
abgebildet zu sein, in derselben Körperhaltung. Der Grund für diese Merkwürdigkeit
liegt in einer Konzeptionsänderung des Malers. Zuerst war offensichtlich ein über die ganze
Bogenbreite reichendes Bild geplant. Dann wurde aber die bereits ausgeführte Marienfigur
übertüncht und die Bildfläche in zwei Teile aufgeteilt. Maria wurde weiter links platziert
und Josef erhielt seinen Platz anstelle der ersten Marienfigur. Bei der Freilegung wurde
Josef weitgehend mit entfernt, so dass jetzt zwei Marien sichtbar sind. Die drei restlichen
Chorwände tragen im oberen Register Szenen aus der Nikolauslegende und - in den kleinen
Zwickeln zu den Seiten hin - Halbfiguren, vermutlich Propheten. Im unteren Register stehen
Apostel mit Spruchbändern in Architekturrahmung. Den unteren Abschluss bilden Reste
einer Teppichmalerei. Die kreuzgratgewölbte Chordecke trägt, wie in Chorturmkirchen
häufig, die vier Evangelistensymbole. Der Engel im westlichen Feld ist am besten erhalten.
In der Mitte befindet sich ein heute leerer Kreis, der ursprünglich wohl eine Halbfigur
Christi enthielt. Die Malereien sind bei den vorangegangenen Restaurierungen recht zurückhaltend
ergänzt worden. Man hat die Lesbarkeit verbessert, ohne große Rekonstruktionen
vorzunehmen. Welches Ergebnis eine schwierige Freilegung zeitigen kann, zeigt das
Geburtsbild. Es bietet gleichermaßen einen Blick über die Schulter eines Restaurators und
eines mittelalterlichen Malers!


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