Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 278
(PDF, 101 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0278
278

Konrad Krimm

Setzungen mit der Herrschaft um die Freiheiten der Bürger und erst jetzt
erhielt der Kanon der Bürgerrechte seine anerkannte Gültigkeit. Wir sollten
uns also verabschieden von der Vorstellung, dass ein weitreichendes, altes
Stadtrecht langsam aufweicht und schließlich unter dem Druck des absolutistischen
Fürstenregiments verschwindet. In Steinbach scheint vielmehr
das Stadtrecht von 1258 lange nur rudimentär Form und Realität gefunden
zu haben. Erst die Verfestigung und Verschriftlichung des herrschaftlichen
Rechts ließ auch die bürgerliche Gemeinde deutlichere Konturen gewinnen
und das Rechtsprivileg zur gern zitierten Norm werden.

Freilich hängt diese Deutung sehr von den Quellen ab, die uns zur Verfügung
stehen - es sind nicht viele, gerade deshalb verführen sie uns, ihre
zeitgebundene Gültigkeit ins Dauerhafte zu verallgemeinern. Das lässt sich
an den Konflikten zwischen den Stadtbürgern und den Vorstädtern veranschaulichen
. Weil wir mehrfach von solchen Konflikten hören, neigen wir
dazu, uns in Steinbach eine Art Dauerkrach vorzustellen oder - um es gewählter
auszudrücken - anhaltende soziale Spannungen zwischen den privilegierten
Innerbürgern und den benachteiligten Außerbürgern. Tatsächlich
kennen wir aber nur eine Form des sozialen Miteinander, den Streit,
der sich in Akten niedergeschlagen hat. Unsere Archive „leben" von solchen
Konflikten, ohne Prozesse gäbe es bedeutend weniger schriftliche
Überlieferung. Prozesse aber spiegeln Ausnahmesituationen; das „normale
" Leben in Alteuropa dürfen wir uns, trotz aller bürokratischen Fortschritte
, papierlos vorstellen - und also für uns stumm.

Zudem erleben wir in den Steinbacher Konflikten um Bürgerrechte und
-lasten nur solche Konflikte, die vor der Herrschaft ausgetragen werden
und in denen es um das Verhältnis zur Herrschaft geht. Die Herrschaft ist
zwar Entscheidungsinstanz - der Stabhalter oder Amtmann, die Räte der
fürstlichen Kollegien in Baden-Baden oder Serenissimus selbst -, zugleich
ist die Herrschaft aber auch nicht frei in ihrer Entscheidung. Sie ist an das
Recht, besser: an die Rechte gebunden; sie kann Rechte zwar ändern, aber
das hat seine Grenzen, die Untertanen können sich durchaus auf Rechte
berufen und deren Gültigkeit manchmal durchsetzen. Eine automatische,
unbeschränkte Herrschaft (wie wir sie uns für das Zeitalter des Absolutismus
gerne vorstellen) gibt es also nicht; das Herkommen und die Realitäten
sind Mächte, an denen Herrschaft vielfach ihre Grenzen findet.

Vor allem von der Herrschaft stammen allerdings auch die Quellen, die
wir besitzen, zumindest für die Zeit bis etwas 1700. Wir sehen also durch
deren Brille, und wenn keine Bitt- oder Protestschreiben von Untertanen
darin Eingang gefunden haben, folgen wir zunächst einmal der selektiven
Wahrnehmung von oben. Die großen Brände des 17. Jahrhunderts taten das
ihre, um diesen beschränkten Quellenbestand noch weiter zu reduzieren.
Was übrig blieb, ist allerdings immer noch spannend und aussagekräftig
genug. Die Lagerbücher und Zinsregister seit dem 15. Jahrhundert legen


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0278