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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 281
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Steinbach, das Stadtrechtsprivileg von 1258 und die Markgrafen von Baden

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wohnen. In diesem heiklen Moment bezieht die Obrigkeit in der Person
von Markgraf Wilhelm allerdings einen erstaunlich eindeutigen Stadtpunkt
und erneuert nicht nur nachdrücklich das Privileg von 1258, sondern verleiht
den Innerbürgern für ihren Wiederaufbau auch noch zusätzliche
Schatzungs- und Bedefreiheit. Dass es der Markgraf mit der Leibfreiheit
der Innerbürger ernst meint, beweist deren Freistellung von der Wolfsjagd
wenig später.

Wir nehmen das etwas verwundert zur Kenntnis. Welche Rolle spielt
die Herrschaft hier? Handelt sie nicht gegen ihr eigenes Interesse? Die
Herrschaft respektiert offenbar Schranken, die ihr gesetzt sind, pragmatisch
sucht sie das Gleichgewicht zwischen Herkommen und Staatsräson;
nicht jedes Herrenrecht ist auch zu jeder Zeit durchsetzbar. Schon das
Stadtrechtsbuch von 1575, das scheinbar eindeutig von Leibeigenschaft
und Fronpflicht aller Steinbacher ausgeht, zeigt diesen Weg des Lavierens
zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Zunächst postuliert es die uneingeschränkte
Fron: Ein Yeder Burger oder Innwoner zu Steinbach und was zu
selbigem Stab und Gericht gehörn, seien gemeine und zimliche frondienst
ze thun und zu leisten schuldig und pflichtig.13 Wirtschaftlich bedeutungslos
, aber rechtlich stets ein sicheres Indiz für Leibeigenschaft ist die Abgabe
von Hühnern („Leibhühner", in Steinbach „Umgangshühner" genannt)
- und gerade gegen diese nur symbolische Last scheinen sich die Steinbacher
energisch zu wehren: Und wiewol diese umbgang hüener, wie die zu
Steinbach anzeigen, bey alten Manns gedencken heer nit gereicht oder gegeben
wurden, dieweil aber solliche inn allen alten und newen Lagerbüchern
eingeschrieben, so befmndt sich, dass diese umbgang hüener allein
usser Gnaden und keiner gerechtsame nachgelassen und bißher nit eingezogen
. Solliche mag auch furthin die Herrschaft Baden nehmen und einziehen
oder usser Gnaden nachlassen. Der salomonische Schluss der Obrigkeit
- das Recht wahren, es aber nicht anzuwenden - verrät die Macht des
Herkommens.

Solche unklaren Rechtsverhältnisse begünstigen aber auch Konflikte;
will die Herrschaft pragmatisch entscheiden, müssen die Untertanen geradezu
testen, wie weit ihre Freiräume reichen. Ich fasse im Folgenden zwei
Prozesse zu einer Art idealtypischer Auseinandersetzung zusammen, um
die Formen der Selbstbehauptung, des Anspruchs, der Herrschafts Wahrung
, aber auch sprachliche Möglichkeiten und Verhaltensmuster exemplarisch
vorstellen zu können - das ist methodisch ein wenig gewagt, möge
aber in dieser zeitlich weitgespannten Untersuchung einmal erlaubt sein.
Den Prozess um die Fronpflicht der drei reichen Pferdebesitzer aus dem
Jahr 1667 kennen wir schon. 1755 geht es um den Wachdienst der Innerbürger
. Unter Berufung auf ihre Freiheiten wollen sie sich nicht zur allgemeinen
Wache gemeinsam mit den Außerbürgern einteilen lassen und wollen
auch kein Holz sammeln für die öffentlichen Bediensteten, für den


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