Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 403
(PDF, 101 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0403
Gescheitert oder erfolgreich?

403

Schüsse. Im Unterschied zu jenen aber mussten sie unter dem Nationalsozialismus
gelitten haben und besaßen das alleinige Recht, der Militärregierung
Sanktionen vorzuschlagen. Schwierig erwies es sich, die angewiesenen
Entlassungen in den Gemeinden durchzusetzen, weil sich zahlreiche
Bürgermeister und auch lokale französische Militärverwalter dem widersetzten
. Ihnen übergeordnet waren der Staatskommissar für politische Säuberung
sowie ein Kontrollausschuss, der u. a. von den politischen Parteien
nominiert und von der Landesregierung bestellt wurde.

Trotz unterschiedlicher Sanktionen stellten die Untersuchungssausschüsse
prinzipiell ein geeignetes Instrument dar, um die lokale Entnazifizierung
durchzuführen.

Laut Reinhard Grohnert wurden die Entlassungen im öffentlichen
Dienst nur sporadisch in die Tat umgesetzt. Aufgrund von vermeintlichen
Sachzwängen entstanden „erstaunliche Koalitionen zwischen französischen
Militärverwaltungen und deutschen Behördenchefs, die die Entnazifizierungsbescheide
einfach ignorierten, wenn sie es für die Funktionstüchtigkeit
der ihnen unterstellten Verwaltungen für erforderlich hielten.35

Die Entnazifizierung erreichte im Sommer 1947 in Südbaden ihren Höhepunkt
. Dies zeigen die im Amtsblatt der Landesverwaltung publizierten
massenhaften endgültigen Entscheidungen im Säuberungsverfahren. Dabei
kam es zu teilweise skandalösen Fehlentscheidungen. Während die Urteile
der lokalen Untersuchungskommissionen in der Regel auf gesicherten Information
der lokalen Verhältnisse basierten, so dass die formale Belastung
der Betroffenen richtig bewertet wurde, hielt sich die Reinigungskommission
oftmals nicht an deren Votum. Die Folge waren Fehlurteile, die Unschuldige
zu Tätern machten bzw. Täter entlasteten.36 Die Überprüfungen
gingen nur schleppend voran. Von den etwa 155.000 Personen, die in Baden
der politischen Säuberung unterlagen, hatten die Reinigungskommissionen
mehr als ein halbes Jahr nach ihrer Konstituierung erst zwanzig
Prozent überprüft.37 Oftmals wurden Lehrlinge, Verkäuferinnen und Ofensetzer
entnazifiziert, während die gewichtigen Fälle nicht zum Zuge kamen
. Vermutlich stellten die Reinigungskommissionen diese Fälle zurück,
um mit Hilfe der „kleinen Fische" schneller ihr tägliches Pensum erfüllen
zu können. Zudem war der antifaschistische Konsens, der in der frühen
Nachkriegszeit oftmals beschworen wurde, „um eine drohende Renazifi-
zierung zu verhindern", deutlich im Schwinden begriffen. In fast allen demokratischen
gesellschaftlichen Kräften schob sich knapp zwei Jahre nach
Kriegsende „zusehends das Bedürfnis in den Vordergrund, den Blick nach
vorn zu richten und die unerträgliche Last der Vergangenheit - personifiziert
durch ein Heer von ehemaligen Parteigenossen - abzuschütteln."38

Mit der Verordnung Nr. 133 vom 21. November 1947 rang sich die französische
Regierung zur Amnestierung aller nominellen Nationalsozialisten
durch, nachdem alle anderen Siegermächte sich zu einer milderen Entnazi-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2009/0403