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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 410
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Wolfgang M. Call

waltung. Art. 131 forderte den Bundesgesetzgeber auf, für die Angehörigen
des öffentlichen Dienstes, die nach dem 8. Mai 1945 „ausgeschieden"
waren und „nicht oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend verwendet
" wurden, eine gesetzliche Regelung zu treffen. Dazu gehörten die früheren
Bediensteten Preußens und des Reiches, deren Dienststellen aufgelöst
worden waren, die früheren Berufssoldaten und zivilen Angehörigen
der WehrmachtsVerwaltungen, die vertriebenen und geflohenen Beamten
aus den Ostgebieten und der SBZ sowie jene öffentlichen Bediensteten, die
in den Westzonen ihre Stellungen durch die Entnazifizierung verloren hatten
." Zu den verbreiteten Irrtümern gehört es allerdings, die Gruppe der
„131er" allesamt als politisch Belastete zu beurteilen. Reichel beziffert den
Kreis auf 430.000 Personen. Darunter gehörten ca. 55.000 Entnazifizierungsfälle
.70 Man schätzt, dass mindestens 20 % der Stellen auf allen Verwaltungsebenen
aus dem Kreis der 131er besetzt werden mussten.

Für den Kreis der politisch Belasteten fand das am 11. Mai 1951 in
Kraft getretene Gesetz eine widersprüchliche Lösung. Zwar gehörten ehemalige
Angehörige der Gestapo und der Waffen-SS nicht zum Kreis der
Anspruchsberechtigten, jedoch die „von Amts wegen" dorthin versetzten.
Unabhängig von den Bestimmungen hatte die öffentliche Hand die Möglichkeit
, ehemalige Gestapo- und SD-Leute „neu" in ihre Dienste aufzunehmen
. Davon profitierten insbesondere meist Jüngere, „weil sie ihre Beamtenlaufbahn
erst bei der Geheimen Staatspolizei begonnen hatten."71 In
den Nachfolgejahren erreichte der „Vormarsch ehemaliger Parteigenossen
" auch die Ebene der Regierung. Im Februar 1953 waren rund 60 %
der in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren ernannten Abteilungsleiter
frühere Mitglieder der NSDAP, im Ministerialbereich waren es knapp
30%.

1954 wurden Stadtrat und Stadtverwaltung noch einmal mit den Ansprüchen
entlassener Bediensteter konfrontiert. Am 11. Februar 1954 rief
Oberbürgermeister Karl Heitz72 eine „Kommission zur Bereinigung der
Dienstverhältnisse der unter § 7 zum Regelungsgesetz zum Art. 131 GG
fallenden Personen" ein. Sieben „alte Kämpfer" gingen den Weg der Klage
, drei reichten keine Klage ein, in einem Fall war man sich uneinig und
in einem Fall sollten Erkundigungen eingeholt werden.73 Trotz zahlreicher
Revisionsurteile der Spruchkammern und den 1951 erfolgten Amnestie-
rungsgesetzen blieb die Stadt Offenburg Forderungen nach Wiedereinstellung
gegenüber hart und lehnten die Gesuche in fast allen Fällen ab. Obwohl
das Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes den nach Kriegsende
suspendierten Beamten den Weg zurück in die Instanzen ebnete, blieben
zumindest die extrem Belasteten aus dem öffentlichen Dienst ausgeschlossen
.

„Da sie aber wegen enger Verbindungen zum Nationalsozialismus bei
der Stadt eingestellt und später in das Beamtenverhältnis übernommen


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