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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 425
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Oskar Wiegert

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und Wirtschaftskrise und hatten enorme Schwierigkeiten, einen sicheren
beruflichen Aufstieg zu erreichen. Die Beziehung zur ihren Vätern war geprägt
durch deren Abwesenheit in den Kriegsjahren 1914-1918. Nach dem
Krieg erlebten die Söhne ihre Väter oftmals als „psychisch und physisch
behinderte Männer, die als Verlierer das Schlachtfeld verlassen hatten."7
Die orientierungslosen Nachkriegsjugendlichen kämpften mit widrigen äußeren
Umständen und standen auf der Schattenseite der Moderne. Die entstehenden
Deklassierungs- und Zukunftsängste trugen dazu bei, dass sich
die Kriegsjugendgeneration vom politischen System der Weimarer Republik
entfremdete. Die Diskrepanz zwischen dem aus wilhelminischer Zeit
stammenden Statusbewusstsein und der Realität der besonders prekären
sozialen Lage verstärkte die Deklassierung. Hieraus entstand das Potential
für die Politisierung und Radikalisierung der akademischen Jugend am Ende
der Weimarer Republik.

Götz Aly betont in seinem Buch „Hitlers Volksstaat" das niedrige
Durchschnittsalter der führenden Parteipersönlichkeiten. Die jungen Deutschen
„sahen darin eine Verlängerung der Jugendbewegung, ein körperliches
und geistiges Anti-aging-Programm. Die tonangebenden 20- bis 30-
jährigen erhoben sich (...) verächtlich über die Kleingeister."8 Aly spricht
von einer „Jugenddiktatur des Nationalsozialismus".

Im Alter von 16 Jahren wurde Oskar Wiegert 19239, während der französischen
Besetzung Offenburgs vom Bezirksamt vorgeladen, weil die
französischen Besatzer ihn gemeinsam mit anderen Jugendlichen der Geheimbündelei
verdächtigten. Ein Jahr später zählte er zu den Mitbegründern
der Wikung-Jugend (Ehrhardt-Brigade), die 1924 in der NSDAP-
Ortsgruppe Offenburg aufging. Dazu gehörten auch der spätere Kultusminister
Otto Wacker, der spätere Stadtangestellte Georg Aßmus, und die
Schüler Hermann Nickles und Ludwig Zind. 1928, nach der Neugründung
der NSDAP stieg Wiegert zum Kassenwart auf. In der Partei-Festschrift
wird erwähnt, dass er, um die erste SA-Fahne Mittelbadens zu finanzieren,
von Haus zu Haus ging, um Geld zu sammeln. 1931 arbeitete er ohne eine
Vergütung als Schulamtsbewerber in der Mädchenrealschule Offenburg.
Auch in seiner Schule machte Wiegert nicht Halt vor der Parteipropaganda
. Mehrere Schülerinnen sagten 1931 aus, dass er eine Ausgabe der Orte-
nauer Volks warte an Schülerinnen verteilt habe, in der ein hetzerischer Artikel
über die Mädchenrealschule abgedruckt war. Der Schulleitung fehlte
letztendlich der Beweis, da Wiegert die Tat vehement abstritt. Er war inzwischen
auch Schriftleiter der Zeitung, die als Lokalausgabe des NS-
Hetzblattes „Der Führer" üble antisemitische Hetzberichte veröffentlichte.

Nach der Machtergreifung arbeitete Wiegert zunächst noch ohne festen
Vertrag als Lehrer an der Mädchen-Realschule in Offenburg. Dann begann
Wiegerts große Zeit. Er versuchte aus seiner Position als Nationalsozialist
der ersten Stunde Kapital zu schlagen und forderte eine feste Hauptlehrer-


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