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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2010/0098
Edelkastanie und Rebkultur - eine Spurensuche in der Ortenau 97

Freiherren von Schauenburg, in denen Kastanienbäume und -bü-
sche im Zusammenhang mit dem Weinbau in der Ortenau schon
im 15. Jahrhundert genannt wurden, nicht überzeugend. Der Hintergrund
für diese unterschiedlichen Einschätzungen kann durch
die Auswahl der Quellen begründet sein, aber auch in einem Wandel
bei den historischen Konzepten von Produktion und Handel
zu suchen sein. Dass die Entscheidung über die Quellenauswahl
grundlegend unterschiedliche Perspektiven nach sich zieht, zeigt
die folgende Einschätzung von August Kahl, der der Ansicht war,
dass erst seit dem ausgehenden 17. Jh. das Edelkastanienholz für
die Pfahlherstellung entdeckt und Niederwälder für die Steckholzproduktion
begründet worden sei: „Die freihändige Ausgabe eines
Stücks 'Köstebaum' aus dem Reichenweierer Stadtwalde an die Bürger
wird zum ersten Male 1667 erwähnt. Diese südländische Holzart war
jedoch im benachbarten Walde von Ammerschweier bereits Mitte des
16. Jhs. heimisch; schon damals wird im Stadtbuch das eigenmächtige
Abschlagen von Kastanien bei Strafe verboten.''47 Kahl spricht hier
über einen Stadtwald. Die in Oberkirch genannten „Bösche" gehörten
ganz im Gegenteil zu diesem oben genannten Beispiel zur
individuell genutzten landwirtschaftlichen Fläche. Die Grenze
zwischen Wald einerseits und Wiesen und Äckern andererseits
war bedeutsam und immer wieder umstritten, da sich hier Rechtsverhältnisse
schieden. Der Wald lag bis zum Ende der Frühen
Neuzeit vielfach in gemeinschaftlicher Nutzung und war mit ganz
eigenen Regeln in das Verhältnis zwischen Forstherren und Nutzungsberechtigten
eingebunden. Würde man also in einer Waldordnung
oder in Forstrechnungen nach individuell genutzten
Flächen zur Produktion von Rebstecken für den Eigenbedarf suchen
, wäre es ein großer Zufall, wenn man etwas fände.

Kahl findet die Edelkastanie zum ersten Mal Mitte des 16. Jahrhunderts
im Stadtbuch von Ammerschweier erwähnt. Für Reichenweier
nennt er das Jahr 1633. In einem „Rottenzettel" werden
Anweisungen zur Schlagpflege eines Edelkastanien-Niederwaldes
gegeben. Für Rappoltstein nennt er das Jahr 1688.48 Nach
Wolff sollen in Reichenweier bereits seit 1475 Rebpfähle aus Kastanienholz
hergestellt worden sein.49

Bezeichnenderweise tauchten die Kastaniennennungen in
Oberkirch und Umgebung in Lehensurkunden auf, also gerade
nicht im genossenschaftlichen oder kommunalen Umfeld von
Waldordnungen oder Stadtbüchern. Wie oben aufgezeigt, hatten
die Weingüter rund um Oberkirch ausdifferenzierte Betriebsstrukturen
, die für den Rebenanbau eine weitgehende Autarkie
ermöglichten: Wiesen dienten der Großviehhaltung und damit
der Düngerproduktion; weinbergnahe Niederwaldflächen versorgten
die Winzer mit Stecken und Bindematerial. Ob der Getreideanbau
für die Selbstversorgung reichte, muss dahingestellt


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