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Heiligenleben und Alltag. Offenburger Stadtgeschichte im Spiegel eines spätmittelalterlichen Beginenlebens 165

lange donoch truog sü growen wifeling rock und mantel untz an Iren
dot25 Gleichwohl scheint Gertrud auch nach dem Eintritt in den
Dritten Orden der Franziskaner die Verfügungsrechte über ihren
Besitz noch behalten zu haben.

Die Vita der heiligen Gertrud ist über weite Strecken eine Geschichte
zweier vermögender, gesellschaftlich anerkannter
Frauen, die ihren Status ablegen wollten und sich darin gegenseitig
unterstützten. Iegliche wz der andern notdurftig. Sie teilten nicht
nur ihr äußeres Leben, sondern auch ihre inneren Erfahrungen.
Gertrud enrette weder heimlich noch offenlich zuo nieman kein über-
swenckig hoch wort von der gotheit noch von grossen gnoden26, außer
eben zu Heilke. Es fällt auf, wie viele Gespräche zwischen den
zwei Frauen durch die Erzählerin in direkter Rede wiedergegeben
werden. Einmal beteuert sie: Ich schribe es also mir jungfrowe Heilke
seite, aber sü hette sin ein teil selber vergessen, und also ich ungeistlicher
mensch an dem lebende es allerbest verston künde von jungfrow
Heilken, also hon ich es geschriben.27

Beginenleben in der Stadt Offenburg

Wo wohnten die beiden Frauen in Offenburg? Wir erfahren zu
Anfang nur, dass Gertrud zu einer ihr bereits bekannten Schwester
in ein altes baufälligen Häuschen gezogen war. Dazu gehörten
auch ein kleiner Hof, ein Garten und ein Stall. Die hygienischen
Verhältnisse müssen einfachst gewesen sein. Einmal heißt es
nämlich: Heilke führte Gertrud hinunter in den stall umb ir notdurft.
Wie viele Frauen unter ihrem Dach wohnten, wissen wir nicht.
Ob es sich bei den Beginen, die in einer Urkunde von 1326 erwähnt
werden, um diese Gemeinschaft handelt, lässt sich ebenso
wenig klären. In diesem Testament28 vermachten zwei Geschwister
einen Teil ihrer Einkünfte an Bodenzinsen in Ebersweier und
Nesselried den Franziskanern, den Beginen, dem Andreasspital
und der Pfarrkirche, genau in dieser Reihenfolge. Nicht die Pfarrkirche
wird als erstes bedacht, auch nicht das Andreasspital, das
auf der Grundlage der Statuten von 1310 seinen Bau für die armen
siechen und dürftigen lüte in Offenburg begonnen hatte. An erster
Stelle profitierten die Franziskaner und die Beginen von der Stiftung
. Die Bettelbrüder waren erst 1280 durch Schultheiß und
Bürgerschaft der Stadt eingeladen worden, eine Klosterkirche und
Konventsgebäude innerhalb der Stadtmauern zu errichten: „Wir
bitten euch sehr, ein Grundstück auszusuchen, wo ihr bleiben
und wohnen und engagierte Brüder unterbringen könnt, durch
deren Rat wir geleitet und geführt werden/'29 Mit andern Worten:
Die Bürger suchten Seelsorger, die anders waren als die an der
Pfarrkirche angestellten Kleriker; sie wünschten sich Seelsorger,
die bereit waren, sie in Lebens- und Glaubensfragen zu begleiten.


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