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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2010/0413
412 Anna-Maria Münchenbach

ten nicht gemeldet hatte, wurde ihm der Vorfall angelastet. Dies
führte dazu, dass er am 29.11.1937 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt
wurde. Außerdem wurde er aus dem Bahndienst entlassen.
Jedoch gelang es ihm, sich ein Stück weit zu rehabilitieren. Die
Strafe wurde ihm erlassen, jedoch hatte er von nun an einen
„Makel". Der Uropa musste nun, nach der Erzählung meines
Großonkels, wie ein Kriegsgefangener da und dort Hilfsarbeiten
verrichten. Folglich verhielt sich mein Urgroßvater sehr ruhig
und ging Konflikten mit den Nazis aus dem Weg. Er hatte das
Glück, nicht zum Kriegsdienst eingezogen zu werden. Dadurch
war die Versorgung der Familie etwas günstiger als bei manch
anderen Dorfbewohnern. Dies führte bei dem einen oder anderen
aus dem Dorf zu Neid und Missgunst. Diese Situation und der
Zusammenbruch der deutschen Fronten erregten zunehmend die
Aufmerksamkeit der herrschenden Nazis im Ort.

Eines Sonntags im Herbst 1944, wurde er von dem Gauleiter
und seinen Helfern nach dem Gottesdienst abgefangen. Er wurde
provozierend mit „Heil Hitler" begrüßt. Mein Uropa ahnte Böses
und grüßte dennoch unbekümmert mit „Grüß Gott" zurück. Am
nächsten Morgen kam die Gestapo, also die Geheime Staatspolizei
. Die Gestapo-Leute drangen in den Hof ein und zogen den
Uropa, der gerade beim Abladen der Ernte in der Scheune war,
vom Wagen. Sie schlugen ihn und nahmen ihn mit. Der Uropa
wurde nach Offenburg in das Gefängnis gebracht. Tags darauf
durfte er noch zu Hause etwas Wäsche und Waschzeug holen.
Dadurch wussten meine Uroma und die Familie, wohin er verschleppt
worden war. In Offenburg blieb er mehrere Tage. Für
meine Uroma und deren Kinder sowie für die Verwandten war
das eine große Aufregung. Was sollte man tun? Um etwas zu unternehmen
brauchte man Mut.

Diesen Mut brachte meine Oma auf. Sie überwand die lähmende
Angst und fuhr tags darauf kurzentschlossen mit dem
Fahrrad zu ihm ins Gefängnis. Tatsächlich durfte sie unter Aufsicht
mit ihrem Vater sprechen. Er war froh. Beim Gespräch, so
meine Oma, musste man sehr vorsichtig sein und genau überlegen
was man sagte. Denn es durfte nur unter Aufsicht miteinander
gesprochen werden. Es war also ein Aufpasser dabei. Diesen
galt es so unbemerkt wie möglich zu beobachten. Bei dessen Unaufmerksamkeit
konnte man doch die eine oder andere Information
austauschen. Das Gespräch wurde immer nach 10 bis 15
Minuten abgebrochen. Länger durfte man nicht reden. Mein
Uropa brauchte immer wieder Wäsche und Waschzeug. Das überbrachte
meine Oma, wenn sie ihn mit dem Fahrrad besuchte. Sie
besuchte ihren Vater, so oft es ihr die Zeit zuließ. An diesen Ablauf
hatte man sich gewöhnt. Dann jedoch wurde mein Uropa
überraschenderweise im Oktober 1944 nach Kenzingen in die


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