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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2010/0414
Die Schicks als jähre meiner Urgroßeltern 413

Metzgerstraße 70 verlegt. Allein der Straßenname klingt schon
wie ein böses Omen. Meine Oma hing an ihrem Vater. Und so
fuhr sie nach dem Bekanntwerden des neuen Haftortes mit dem
Fahrrad nach Kenzingen. Wegen der Entfernung und der damaligen
Verhältnisse war dies natürlich aufwendiger, schwieriger
und auf Grund des nahenden Kriegsendes auch sehr gefährlich.
Die Front rückte immer näher. Deshalb musste vieles auch über
den Postweg erledigt werden.

So sind mir drei Postkarten von meinem Uropa aus dieser Zeit
erhalten geblieben (vgl. Anlage 4-6). Auffallend ist, dass er die
Sätze sehr kurz, sozusagen „atemlos" gefasst hat. Grundsätzlich
bedankt sich mein Urgroßvater immer wieder für die Zuneigung
seiner Familie. Scheinbar war ihm dies ein großer Trost. Danach
ermahnt er „seine Lieben" die täglichen Pflichten nicht zu vergessen
. Ich denke, das zeugt davon, dass mein Urgroßvater in
Gedanken sehr bei seiner Familie war und mit ihr den üblichen
Tagesablauf „durchging". Vielleicht hatte ihn dieses Verhalten
vor der Verzweiflung bewahrt und ihm in der trostlosen Zelle
eine Perspektive gegeben.

So ermahnt der Urgroßvater mit der Karte vom 08.10.1944
seine Frau, die Felder so gut es geht abzuernten und den anderen,
die mehr zu leiden haben, einen Teil von den Früchten zu geben.
Weiterhin erinnerte er daran, die Felder zu bestellen und teilte
mit, wo sich der Samen dazu befindet. Es schmerzt ihn, weil seine
Söhne nach dem Heimaturlaub wieder zur Front mussten.

Mein Urgroßvater schien arglos und beliebt gewesen zu sein.
Arglos, weil er hoffte bald entlassen zu werden. Beliebt deshalb,
weil ein anonymer Schreiber trotz des Risikos entdeckt zu werden
, mit Schreiben vom 24.10.1944 meine Uroma unerwartet
darüber informierte, dass mein Uropa von Kenzingen wieder
nach Offenburg verlegt worden war. Der unbekannte Schreiber
hatte den Brief mit Bleistift und in hastiger Weise geschrieben
(vgl. Anlage 7). Scheinbar wurde der Brief heimlich und unter
großer Gefahr verfasst. Von behördlicher Seite wurde die Familie
nicht informiert. Das war kein gutes Zeichen. Mein Uropa wurde
dann von Offenburg nach „unbekannt" verlegt. In diesem Zusammenhang
benachrichtigte die Gefängnisverwaltung die
Uroma darüber, dass sein Rasierzeug und die Wäsche abgeholt
werden konnte. Die Uroma und ihre beiden Töchter, traf dies wie
ein Schlag. Meine Uroma soll nach dem Erhalt der Nachricht
gesagt haben, wenn er das Rasierzeug nicht mehr braucht, werden
wir ihn nicht mehr wiedersehen.

Im Nachhinein erfuhr meine Uroma von der Verlegung meines
Uropas aus dem Gefängnis in Offenburg in das Konzentrationslager
Flossenbürg. Der Uropa war dann auch nicht mehr der
Zugführer, sondern auf Grund seiner damaligen Verurteilung nur


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