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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 105
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Peter Künzel

Vorerst setzten sich jedoch die Ausgrenzung und Ausplünderung
im Gefolge der Reichspogromnacht unmittelbar fort. Bankguthaben
und Vermögen beider Besitzer wurden von den Behörden
wegen vermuteter „Reichsflucht" gesperrt; die kontoführenden
Banken wurden ermächtigt, den alten Kunden aus ihren eigenen
Guthaben einen monatlich zum Lebensunterhalt gerade
ausreichenden Betrag, die sog. „Sperrmarkreserve", zuzuweisen.
Als besonders einschneidend wurde eine weitere Schikane empfunden
, die allen Juden auferlegt wurde: Julius Hammel musste,
ebenso wie Paul, eine 20 %ige (später sogar 25 %) Abgabe auf der
Basis ihres o.e. Gesamtvermögens abführen, die sog. „Judenver-
mögensabgabe", d.h. über 10000 RM, die in 4 Viertel]'ahresraten
zu zahlen war. Sie wurde absurderweise als Buße („Sühne") für die
den „arischen Opfern der Juden" zugefügten Verluste hingestellt.

Schließlich noch eine weitere, nicht minder perfide Verfügung:
Für den Fall der Auswanderung musste der jüdische Flüchtige eine
„Reichsfluchtsteuer" in Höhe von 25% seines Gesamtvermögens
dem Staat zurücklassen. Dies schien für Paul Hammel keine unüberwindliche
Situation zu sein. Vermutlich eher zögerlich mit
dem Gedanken der Emigration umgehend, höchstens die Kinder
nach Amerika schicken zu wollen - „... our parents had always
wanted to send us to their home in America9" - und das Haus Zeller-
str. 21 im Ernstfall verkaufen zu können, hatte er zwar die Garantie
einer amerikanischen Bürgschaft für seine gesamte Familie
durch den Schwager Julius Machol in San Francisco. Dieser hatte
gar eine Summe hinterlegt, die für die Überfahrt der Familie in die
USA ausgereicht hätte. Aber solche Vorleistungen waren nicht
ausreichend und wurden von zu vielen Ausreisewilligen erbracht;
hingegen hatten Hammels Bemühungen um Visa für die USA
wegen der übergroßen Nachfrage danach keinen Erfolg.10

Ähnlich der Fall bei Julius Hammel. Ende Februar 1939
schickte ihm der Oberfinanzpräsident Baden einen vorgedruckten
Brief, in dem er ihn um Zusendung eines Vermögensverzeichnisses
, der Aufstellung des Umzugsgutes und der steuerlichen
Unbedenklichkeitsbescheinigung aufforderte.11 An das Bezirksamt
Offenburg adressiert, bittet der Präsident zur gleichen Zeit:
„... bis zum Eintreffen meiner Unbedenklichkeitsbescheinigung von der
Aushändigung eines Reisepasses Abstand zu nehmen"12.

Julius antwortet darauf: „Ich nehme an, dass hier ein Irrtum vorliegen
muß, da ich trotz meiner Bemühungen zur Auswanderung bis
heute noch keine positiven Erfolge nachweisen kann. Ich bin beim amerikanischen
Konsulat mit der Nr. 25 000 registriert... Den Fragebogen
behalte ich einstweilen hier

Wie sehr er im Visier der Behörden blieb, legt eine Liste des
„Steuerfahndungsdienstes des Finanzamtes Offenburg" dar; sie


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