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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 111
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11 2 Peter Künzel

sich das Problem der Zukunft ihrer Kinder viel problematischer.
In Rivesaltes konnten diese zwar mit ihren Eltern wieder zusammenwohnen
. Trotz dieses Vorteils richtete sich die ganze Aufmerksamkeit
der OSE (Oeuvre de Secours aux Enfants) darauf, alle
Kinder bis zu 15 Jahren aus den großen Lagern herauszuholen
und zu retten. Was konnten die Eltern, die sich infolgedessen mit
der Trennung von ihren Kindern konfrontiert sahen, von dieser
Hilfsorganisation erwarten?

Es war dreierlei: zuallererst Hilfe zum Überleben, die sich auf
die Versorgung der Schwächsten mit zusätzlicher Nahrung konzentrierte
; ab Mitte 1941 vordringlich die Befreiung der Kinder
aus den Lagern; schließlich mit der Unterbringung außerhalb die
volle Verantwortung für ihre Sicherheit, Gesundheit und Erziehung
- und gegebenenfalls ihre Auswanderung. „War man erst
einmal den Händen der OSE anvertraut, so bedeutete dies in aller
Regel die Unterbringung in einem eigenen Kinderheim mit
anderen Kindern unter der hingebungsvollen Zuwendung und
Betreuung durch Erwachsene. Aus der Sicht der Eltern war mit
dieser Entscheidung, bei allem Schmerz, vorrangig das Motiv der
Sicherheit verknüpft; damit wurde eine gewisse Garantie des
Überlebens erlangt, welche sie den Kindern in ihrer derzeitigen
hoffnungslosen Lage selbst zu geben nicht mehr imstande
waren/'30

Im September 1941 findet das schicksalhafte Gespräch zwischen
Andree Salomon, Sozialarbeiterin in Rivesaltes und Vorsitzende
der OSE-Gruppe Süd in Montpellier, mit Paul und Mina
Hammel statt. Für die Eltern ist es die schwierigste Entscheidung
ihres Lebens; es kostet sie unsagbare Überwindung, beide Kinder
in blindem Vertrauen einer Organisation zu überlassen, von
deren Existenz sie bislang noch nie gehört haben. Aber sie geben
der Stimme der Vernunft nach in der Hoffnung auf ein späteres
Wiedersehen.

Am 9. Oktober 1941 verlassen Kurt und Rudolf, 13- und
10-jährig, ihre Eltern. Sie reisen in eine „colonie d'enfants" ?x
Gegen Abend erreichen sie mit ihrer Gruppe das Kinderheim Le
Masgelier, ein schlossartiges Gebäude in der Gemeinde Le Grand-
Bourg, im zentralfranzösischen Departement Creuse gelegen.

In den über zehn Monaten der Trennung sind sicher viele
Briefe hin- und hergegangen; wir haben leider keine Einblicke
nehmen können. Hedwig erwähnt einmal die Korrespondenz
von Montpellier aus mit ihren Eltern. Es ist aber zu vermuten,
dass alle Mitglieder der beiden Familien an den verschiedenen
Standorten die massive Verschärfung der politischen Lage ab der
Mitte des Jahres 1942 gespürt haben. Eng damit verbunden war
natürlich die Bedrohung ihrer eigenen Existenz.


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