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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 118
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Zur Schicksalswende zweier jüdischer Viehhändler-Familien aus Offenburg

das Pensionsgeld betraf, das allmonatlich in aller Regel diesen
persönlich überbracht wurde.42

Oder aber: Man beschloss, diejenigen unter den jüdischen Kindern
und Jugendlichen, welche der sprachliche Akzent oder der
äußere Anschein unverwechselbar als solche kennzeichneten,
durch eine Emigration in die Schweiz zu retten. Das bedeutete,
neben allen Unwägbarkeiten des Ablaufs vor Ort, eine große logistische
Anstrengung und das Zusammenspiel vieler Seiten: das
Wohlwollen lokaler Behörden bei der Bereitstellung von Klassenräumen
für die Kinder oder bei der Vermittlung sicherer Führer
über die Grenze; die Loyalität der Eisenbahner, welche am Grenzbahnhof
einen eigenen Ausgang errichteten mit der harmlosen
Aufschrift „Colonie de vacances" (Ferienkolonie) - und damit die
übliche Fahrkartenkontrolle am Ende einer Fahrt vermied; der
Mut und die Kaltblütigkeit der „Begleiter", denen auf dem gefährlichen
Weg über die Grenze oft 15 und mehr Kinder anvertraut
waren. Und es hieß, sich auf verschiedene Spielformen der Akzeptanz
seitens der Schweiz einzustellen, welche diese den jungen
Flüchtlingen in Abhängigkeit von der sich ständig veränderten
Kriegslage entgegenbrachte.43

Am Morgen des 16. April 1943 verlässt eine kleine Gruppe von
Kindern und Jugendlichen das Kinderheim Le Masgelier. Sie wird
von einer jungen Sozialarbeiterin begleitet; ihr Ziel ist Annemasse
, eine Grenzstadt zur Schweiz im Departement Haute-Sa-
voie. Alle haben Rucksäcke dabei und scheinen zu entspannten
Tagen in eine „colonie de vacances" zu fahren. Im Bahnhof des
Städtchens verlassen sie das Gelände über den eigens gekennzeichneten
Ausgang und begeben sich in das Centre d'Accueil du
Secours National. Dort werden sie verpflegt und später die Nacht
zubringen. Georges Loinger, den viele schon von seinen sportlichen
Aktivitäten in verschiedenen Kinderheimen her kennen,
trifft am Abend ein und geht noch einmal minutiös alle Details
des so wichtigen morgigen Tages durch.

Kurt und Rudolf Hammel haben das Glück, dieser Gruppe anzugehören
; sie wollen als Flüchtlinge illegal die Schweizer Grenze
überschreiten und versuchen, auf Genfer Territorium zu gelangen
. 10 bis 15 sind es, Mädchen und Jungen verschiedenen Alters
aus Le Masgelier und anderen Heimen des Departement Creuse.
Am folgenden Tag muss erst einmal abgewartet werden, Loinger
versucht mit Ballspielen, die übergroße Nervosität bei allen zu
überdecken. Gegen Abend brechen alle auf. Schon im Schutz der
Dunkelheit treffen sie auf die wichtigste Person des Unternehmens
, den „passeur"\ seine Aufgabe ist es, die Gruppe sicher über
die Grenze zu bringen. Er kennt die Gewohnheiten der französi-


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