Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 282
(PDF, 95 MB)
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Gertrud von Ortenberg - eine vergessene Heilige

Geschichte, der Rest aber fehlt noch immer: die Acta Sanctorum
werden ein Torso bleiben. Ich will mit dieser kursorischen
Übersicht zwei Aspekte hervorheben: 1. Die schier endlose Fülle
von Zeugnissen der Heiligenverehrung seit der Apostelzeit. 2. Das
ernsthafte Bemühen, diese Tradition kritisch zu sichten und zu
ordnen.

Zu den ersten Mitarbeitern der Acta Sanctorum zählte der
Jesuit Johannes Gamans.5 Er war in den dreißiger Jahren des
17. Jahrhunderts als Feldgeistlicher in der belgischen Ordensprovinz
tätig: Dort wurde er rasch einer der eifrigsten Bollan-
disten, indem er in alten Bibliotheken hagiographische Werke
aufspürte, um sie der Bibliothek seiner Societas einzugliedern.
Vermutlich erwarb er auch im Straßburger Dominikanerinnenkloster
St. Nikolaus in undis eine Handschrift mit Viten
dreier Frauen des 14. Jahrhunderts, Gertruds von Helfta (f 1302),
Katharinas von Siena (fl380) und Gertruds genannt die
Rickeidegen, von Ortenberg (f 1335).

Diesem Umstand verdankt unsere Gertrud, dass sie nicht ganz
vergessen wurde, wenn auch fast erdrückt von den mächtigen
Folianten des Jahrhundertwerks. Im 3. Februar-Band von 1658
reiht Gamans sie unter die Heiligen der Kirche ein mit Name,
Herkunft und Stand: Gertrudis Ortenbergica vidua Ordinis sancti
Francisci - Gertrud von Ortenberg, Witwe, aus dem Orden das
heiligen Franziskus.6 Als Motiv für die Aufnahme in den
Heiligenkalender führt er an, dass sie bei den Offenburgern in der
Ortenau im südlichen Schwaben in hoher Wertschätzung stehe:
in magna existimatione. Wohlbemerkt: Es heißt nicht in venerati-
one, was der geläufige Ausdruck für die Heiligenverehrung wäre.

Aber wichtiger als dieser Hinweis auf die Volksfrömmigkeit
sind dem Historiker zwei andere Zeugnisse: Zum einen ein
Grabstein auf dem Klosterfriedhof der Franziskaner. Darauf befindet
sich Gertruds Bild eingemeißelt mit folgender Inschrift,
die in deutscher Übersetzung lautet: „Am 23. Februar 1335
wurde unter diesem Grabhügel Frau Gertrud, die Ehefrau des
verstorbenen Herrn Rickeldeigin, bestattet. Wahrerin der Tugenden
(cultrix virtutum), durch inständiges Gebet Beschützerin (pro-
tegens) Offenburgs vor vielfältigen Gefahren, mach es auch weiterhin
, wir bitten dich/' Das zweite und wohl entscheidende
Zeugnis ist für Gamans die schon erwähnte Vita, die bald nach
Gertruds Tode in deutscher Sprache aufgeschrieben wurde. Den
Titel übertrug er aus dem Mittelhochdeutschen in die Gelehrtensprache
Latein. In der Handschrift heißt es: Dis ist von dem
heiligen Leben der seligen frowen genant die Rickeidegen, und waz
groze wunder unser lieber her mit irgewürcket het Und mit irme eigen
namen wz sü Gerdrutgenant7


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