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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
91. Jahresband.2011
Seite: 322
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Ovid, ein moralisierter Dichter der Liebe 323

ebenfalls den doppelten Klagelaut, obwohl einige
Philologen darin die Anfangsbuchstaben
von Hyazinthus erkennen wollen: „manifeste
decipiantur", sie liegen, seiner Meinung nach,
völlig daneben. Der Trauerbuchstabe „A" als
Wiedergabe des in Chorliedern der Tragödie
und auch beim Hyazinthienfest in Sparta ausgerufenen
Klagelautes weise auch auf Aias hin,
dessen Blut im 13. Metamorphosenbuch (Vers
395 ff.) ebenfalls in eine Blume verwandelt
wurde. Alle anderen Lesarten „aperte falluntur",
täuschen sich ganz offensichtlich. Nach diesen
selbstsicheren Festlegungen humanistischer Gelehrter
muss man feststellen, dass hier die Frage
nach dem Zeichen in der Blume rein philologisch
untersucht und entschieden wird, ohne
den geringsten Hinweis auf ihre Identität.

Ähnliche Ergebnisse erbrachte eine Recherche
bei den modernen wissenschaftlichen Kommentatoren
: Rudolf Ehwald (Leipzig 1915) sichert in seinem kritischen
Apparat zunächst einmal die Eindeutigkeit der handschriftlichen
Überlieferungen dieser Stellen. Otto Korn (Berlin 1916)
folgt ihm darin und verweist darüber hinaus auf Ovids hellenistische
Vorläufer Euphorio und Bion, die auch eine purpurne Hyazinthe
mit den Zeichen für Apolls Trauer und Aias' Selbstmord
„mitten auf den Blättern" anführen. Der neueste Kommentar von
Neil Hopkinson (Cambridge 2000) betont zur Metamorphose X,
215 (Hyakinthos) und der Parallelstelle XIII, 397-398 (Aias), dass
hier zwei Aitien (Ursprungssagen) vorliegen, dass vielleicht mehrere
Blumen diese Namens anzunehmen seien und konstatiert
dann lapidar: „Ovid does not mention the plant by name!" Hermann
Breitenbach stellt 1958 in seiner Jubiläumsausgabe zum
2000. Geburtstag Ovids zu dieser Stelle quasi als Resümee aller
gelehrten Erforschungen lediglich fest: „Welche Blume die antike
Hyazinthe ist, kann man botanisch nicht mehr sicher bestimmen
/' Eine ansonsten sehr gute aktuelle Internetseite zu Ovid ist
hier auch mit ihrem Latein am Ende, sie bildet unkommentiert
farbschöne herkömmliche Hyazinthen ab, ohne irgendwelche
Zeichen aus dem zugrunde liegenden Mythos.

Welche genauen Merkmale zur Bestimmung der Blume nennt
uns Ovid? Sie entsteht aus dem im Boden versickerten Blute des
Hyazinthus, das sie in sich aufnimmt. Sie strahlt heller als phöni-
zischer Purpur und hat die Form einer Lilie. Apollo schreibt zusätzlich
zur Verwandlung des verlorenen sterblichen Freundes
die Klagelaute seiner Trauer „AI, AI" auf die Blätter, wie er es ein

Abb. 10: Der in Apollos
Armen sterbende
Hyazinth (Jean Broc,
1801)


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