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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 83
(PDF, 83 MB)
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Die Ortenau - ein „Paradies für Jauner und Diebe

Sinti und Roma gab es eine auf Frauen- und Kinderarbeit gegründete
Hausier-, Bettel- und Sammelökonomie77, die bei Störungen
des sozialen Gefüges nicht mehr funktionierte.

Auch hat er nicht hinreichend reflektiert, dass manche der
auf seiner Zigeunerliste erscheinenden Kriminellen auch gegen
die Normen der eigenen Gruppe verstoßen hatten. Ein Beispiel
dafür ist ein gewisser „Fudelbatsch", der größte Bößwicht und
Dieb auf dem Erdboden78. Er hatte auch seinen Schwager, den
damaligen Landrichter unter denen Zigeunern, den Herrmann
Hirschhorn vulgo Hinis, in dem Grumatten Hau erschossen,
das zur Ertalischen Herrschaft Schutterwald gehörte. Dieser gewalttätige
Kriminelle war bei einem Mord in Steinbach beteiligt
und hatte in der Mühle des Joseph Kupfer in Nußbach-Müllen
den Mühlenknecht Friedrich Mayer nach einem Einbruch mit
einem Schuss schwer verletzt. Die Frage stellt sich, ob wegen der
harten Existenzbedingungen, der gnadenlose Verfolgung und
wegen der Kontakte zu Kriminellen auf der Straße nicht auch
bei den Zigeunern die geltenden Normen und Selbstregulierungsmechanismen
erodierten.

Schäffers Zigeunerliste offenbart aber auch, dass auch ein
anderer Umgang mit Sinti oder Roma möglich war. Das wegen
seiner Menschenfreundlichkeit viel gescholtene Kloster Allerheiligen
hatte - wie schon am Beispiel des Konstanzer Hanß
und seiner Eltern deutlich wurde - nicht nur bettelnde Vaganten
, sondern auch Zigeuner aufgenommen und integriert. Ein
gewisser Griesauer habe sich, nachdem er lange genug gestohlen
gehabt - wie Schäffer gallig bemerkt - bey Allerheiligen auf einem
Hof als Tagelöhner niedergelassen79. Das Kloster hatte auch die
Chikele, die Beischläferin des zu Oberkirch anno 1772 gehängten
Stecken-Hannesles, nach dem Tode ihres Mannes aufgenommen80
und vor weiterem Absturz in Elend und Kriminalität bewahrt
. Der Haiden-Jonas vulgo Lima, der angeblich Mitglied
einer Bande von Plünderern war, dessen Hauptmann in Rottweil
gerädert wurde, wurde vom Kloster Allerheiligen als
Schweinehirt und Metzger beschäftigt.81 Drei weitere Zigeuner
waren nach Schäffers Liste von Allerheiligen vor ihrem Tod
aufgenommen worden. Auch wirkte das Kloster in den von ihm
pastorierten Gemeinden darauf hin, dass getaufte Juden und
Vaganten integriert wurden.82


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