Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 207
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Gefängniserinnerungen - Historisches und Anekdotisches 0C\~7

1948 aus französischer Kriegsgefangenschaft nach Hause gekommen
war. Damals wohnten meine Mutter und ich bei ihren
Eltern, bzw. bei meinen Großeltern. Bei einem Gespräch mit
ihm, er selbst war bis 1944 Bezirksführer der Gendarmerie, also
Chef der Bühler Polizei gewesen, stellte sich heraus, dass auch
er schon in diesem Gefängnis eingesessen war. Zum Ende des
2. Weltkriegs hatten französische Truppen Bühl besetzt und die
Wohnung meiner Großeltern requiriert. Eines Abends, mein
Großvater pendelte wohl zwischen der Wohnung meiner Mutter
und meiner Großmutter hin und her, um nach dem Rechten
zu sehen, befand er sich wohl außerhalb der Sperrzeit noch
unterwegs, wurde von den Franzosen aufgegriffen und als Geisel
eingesperrt. Davor hatte jemand die Bühler Obstgroßmarkthalle
in Brand gesteckt und man hielt ihn für einen der Täter.
Gott sei Dank fand man den wirklichen Täter. Und diese Geschichte
ging glimpflich aus.

Durch meinen Militärdienst war ich ja nun wenig zu Hause,
daher gab es kaum mehr selbsterlebte einprägsame Ereignisse.
Dennoch an einem Sonntag im Jahre 1966, ich war im Urlaub
zu Hause, meine Eltern waren wohl unterwegs, klopfte ein Gefangener
an unsere Glastür im Flur zur Strafanstalt. Ich öffnete.
Dieser informierte mich, dass der Kollege meines Vaters einen
Schwächeanfall erlitten habe und bewusstlos im Büro auf der
Pritsche liege. Guter Rat war teuer. Ich telefonierte vom Gefängnisbüro
aus mit der gegenüber an der Hauptstraße damals untergebrachten
Polizei und bat einen Polizeibeamten zu entsenden
, der den Dienst, bis zum Eintreffen meines Vaters, übernehmen
sollte. Ich wurde abschlägig beschieden, das sei nicht
ihre Aufgabe! Also kam ich zu der seltenen Ehre, kurzfristig den
Dienst im Gefängnisbüro für etwa zwei Stunden zu übernehmen
- bis endlich mein Vater kam.

Gegen Ende der 1960er Jahre gab es wohl zwei, drei Feste in
unserer Wohnung mit meinem nicht zu kleinen Freundeskreis,
die als Gefängnispartys in die Freundesannalen eingingen. Einmal
brieten wir 16 Forellen in unserer Küche. Diese waren zuvor
in einem Teich nahe dem Hotel „Wiedenfelsen", der einem
befreundeten Steinfabrikanten gehörte, gefangen worden. Es
war schon etwas Besonderes, im Gefängnis eine Party zu feiern.

Wenige Jahre nach diesem Ereignis wurde aus dem „idyllischen
Familienknast" ein Hochsicherheitsgefängnis, es wurde
ein reines Frauengefängnis für die späten 1960er-Jahre, wo Mitglieder
des „Sozialistischen Patientenkollektivs" aus Heidelberg
oder der RAF zur U-Haft einsaßen. Es gab politische Demonstrationen
vor dem Gefängnistor und meine Mutter berichtet noch
heute voller Schrecken von diesen damaligen Ereignissen, bei


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