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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 304
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304 KarlK°pp

(Ratsbeschluss vom 27.4.1702: Taglohn einem Weib 1 fl., einem
Mann 2 fl.).

Es litten also weit größere Bevölkerungsteile Not, als wir
dies aus heutigen Armutsberichten in Deutschland kennen.
Dann müsste doch die damalige streng christlich bestimmte
Gesellschaft irgendeine Form von Sozialpolitik hervorgebracht
haben? Und in den Stadtratsprotokollen müssten wir Beschlüsse
zur Umsetzung dieser Sozialpolitik auf der kommunalen
Ebene finden? Oder griff die badische Herrschaft regulierend
ein?

Tatsächlich würden wir an die Regierenden jener Zeit zu
hohe Ansprüche stellen, wollten wir von ihr eine Art soziale
Gesetzgebung erwarten. Es gab keine „systematische langfristig
vorbeugende Armutsbekämpfung"7 durch die Landesherren.
Die Fürsorge für die Armen wurde dort geleistet, wo diese den
Alltag des Gemeinwesens mitprägten, nämlich in den Städten,
in unterschiedlichen Arten der Arbeitsteilung zwischen dem
Stadtregiment und kirchlichen Einrichtungen. Vom Mittelalter
bis in die Zeit der Stadtratsprotokolle blieben die Einstellung
gegenüber den Armen und der Umgang mit ihnen und ihrer
Not sehr ambivalent.

Einerseits empfanden die besser Situierten Abneigung, Abscheu
, Angst und Abwehr gegenüber denen, welche die von
ihnen bestimmte Ordnung störten; sei es aus Überheblichkeit
(man hatte es ja selber weit gebracht, man wusste sich von
Gott gesegnet), oder aus Furcht, selbst in die prekäre Lage zu
geraten. Andererseits gaben die Armen Gelegenheit, sich in
christlicher Wohltätigkeit zu üben; viele taten dies sicher in
echter menschlicher Zuwendung, andern dienten ihre Gaben
für die Notleidenden zur Mehrung des eigenen Seelenheils.

Am Beispiel Freiburg stellt Alexander Klein8 die Entwicklung
des Armenwesens einer größeren oberrheinischen Stadt
dar (1632 etwa 12000 bis 15000, 1698 etwa 5200 Einwohner9).
Danach wurden - neben den Stiften und Spitälern, in die sich
Bürger für Zeiten ihrer Pflegebedürftigkeit einkauften - im Mittelalter
aus der Tradition christlicher Caritas heraus Fürsorgeeinrichtungen
gegründet für Fremde und Unbehauste, Lepra-
und Blatternkranke, Findlinge und Waisen. Interessant ist
dabei, dass in Freiburg die Krankenbetreuung, die Lebensmittelausgabe
für Arme und die Inhaftierung von Straffälligen und
Geisteskranken dem „Mehreren Spital", also dem bürgerlichen
Heiliggeist-Spital zugeordnet war.

Im 16. Jahrhundert entwickelte sich eine städtische Fürsorgebürokratie
. Die kirchlichen Kompetenzen wurden zurückgedrängt
. Mit Bettelordnungen und Almosenämtern versuchte


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