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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 305
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Sein Weib und Kind mit Gott und Ehren ernähren

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man einerseits die Fürsorge für die „eigenen" Armen zu rationalisieren
und andererseits die fremden mit einer Bettelpolizei
abzuwehren.

Vor allem mit seinen Kriegen führte das 17. Jahrhundert zur
Krise bis hin zum Zusammenbruch des Armenwesens. Viele
Einrichtungen wurden zerstört oder aufgegeben. Statt Fürsorge
erleben wir fast nur noch Abwehr und Bekämpfung des
heimblich hereinschleichenden Bettel- und anderen Strolchgesindels
}0

Die Szenen unserer Lahrer Stadtratsprotokolle von 1701 bis
1704 spielen in einer Zeit des Übergangs. In der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts entwickelte sich dann von den Landesherren
her eine aufgeklärt-absolutistische Armenpolitik, „um
den Menschen dem Müßiggang zu entreißen und zur Arbeit
anzugewöhnen"11, z.B. mit Spinn- und Arbeitshäusern.

In dem gegenüber Freiburg deutlich kleineren Lahr (1704
etwa 1700 Einwohner12) existierte nach den Kriegen des 17. Jahrhunderts
und dem Stadtbrand von 1677 noch die Hausarmen-
Schaffnei, von der z.B. die Jahresrechnung von 1686 vorliegt.
Aus ihrem Kapital wurden die städtischen, also bürgerlichen
Hausarmen unterstützt.

„Ein funktionierendes Spital gab es in Lahr schon seit mindestens
dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr."13 Aus dem
übrig gebliebenen Spitalfonds wurden für Notfälle Beihilfen
gewährt. Unterbürgerliche Arme, streifende Bettler, alte, bresthafte
, elende und dergleichen Personen (Protokoll vom 3.3.1701)
erhielten ihre Almosen von der Kirche, nach dem Sonntagsgottesdienst
.

Unsers lieben Gottes Vätterliche Hülff

Am 6. Juli 1702 protokolliert der Stadt Schreiber die Klage der
sembtliche Barbierer und Wundärtzt, contra Hanns Jacob Munier,
den Paßmentierer, wegen anmaßenden artzneyens. Man solle ihm
das Kurieren verbieten, und er möge sich weiterhin seines eigenen
Handwerks bedienen, nämlich als Posamentierer, der Borten,
Schnüre, Quasten und andere textile Besatzstücke herstellt.
Munier excipirte dargegen: Er wollte gern bey seinem Handwerk
bleiben, wann die Krämer nicht seine Arbeit (den Verkauf von
Posamenten) führen täten. So aber, so mäße Er sonsten sehen, wie
Er sich, sein Weib und Kind mit Gott und Ehren emehren möge. Er
habe viel Wißenschafft und Nachricht auß seinen Büchern und von
seinen GroßEltern herbekommen.

Ein kleiner Textilhandwerker maßt sich also medizinische
Kunst an und wird von den zünftigen Ärzten und Barbieren


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