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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 368
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368 Manfred Merker

1845

13. März. Der böse Geist des Zerwürfnisses scheint überall zu
spuken und hat sich in neuerer Zeit auch in Offenburg mehr als
gewöhnlich bemerkbar gemacht, wozu die kirchliche Aufregung
in Deutschland ihr bedeutendes Scherflein beigetragen hat.

Am Ostermontagabend gab es in unserer Gesellschaft zur
„Eintracht" einen Auftritt, der nicht dazu beitrug, den Namen
mit der Sache in Einklang zu bringen. Es waren ungefähr 20
meistens liberal gesinnte Mitglieder neben einigen gleichge-
sinnten Freunden im Lokal, und die meisten davon um den
runden Tisch in der Mitte desselben versammelt, darunter befand
sich auch Pfarrer Stemmer von Durlach. Bei meiner Ankunft
war gerade eine Diskussion über den Heiligen Rock zu
Trier.5 Pfarrer Stemmer, der tappige Defensor6 des Rockes und
seiner Verehrer wurde mit Gründen dagegen, mit Spott und
schlechten Witzen abgetan. Nicht lange nach mir kamen noch
einige Fremde, Bekannte von den schon Anwesenden, und da
nun nicht mehr Platz am runden Tische war, der seit einiger
Zeit den Namen Aristokratentisch führte, weil wir ungefähr
unser zehn, nicht in alles radikale Geheul mit einstimmten und
in unserer Mitte sich ein paar, den Liberalen besonders missfällige
Leute befanden und zu gleicher Zeit sich an diesem Tisch
auch Lehramtspraktikant Rivola7 gesetzt hatte, den die Liberalen
seiner Schroffheit wegen nicht ausstehen können, so
machte sich diese Partie auf und setzte sich an einen anderen
größeren Tisch. Bald darauf fingen sie an das Centor-Lied8 und,
um den Pfarrer von Durlach zu ärgern, auch das Spottlied über
den Hlg. Rock zu singen.9 Der Pfarrer, der etwas benebelt war
und ein einfältiger Mensch ist, was aus seinen Schilderungen in
den Seeblättern10 zu entnehmen war, brummte dazwischen; ich
forderte, da ich neben ihm saß, ihn auf, sich still zu verhalten
- er folgte nicht. Um nicht bei einem Spektakel beteiligt zu werden
, verließ ich, und bald nach mir folgten mehrere Bekannte,
das Lokal. Wie ich nachher erfuhr, gelang es einigen Bürgern,
den Pfarrer noch fort zu bringen, ehe er hinaus geworfen
wurde. Gegen das Absingen solcher ungeeigneter Lieder ist nun
der Vorstand der Gesellschaft eingeschritten, man wurde aber
in dem Komitee über den Modus der Missfälligkeitsbezeugung
und Verwahrung vor ähnlichen Auftritten nicht einig.

Kuhn11 als Präsident der Gesellschaft gab infolgedessen
seine Entlassung und schickte die Akten der Gesellschaft einem
anderen Vorstandsmitgliede, Kaufmann Neriinger12, einem gemäßigten
, aber entschiedenen und sehr geachteten Liberalen,
dieser schickte sie an mich als ältestes Vorstandsmitglied, zu-


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