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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 382
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Manfred Merker

Händen der aufrührerischen Soldaten befand. Infolge dieses
Aufstandes, der die Flucht des Großherzogs und des Beckschen
Ministeriums und die Einsetzung einer provisorischen Regierung62
zur unmittelbaren Folge hatte, wurde der Dienst der Bürgerwehr
, welcher schon im verflossenen Winter hier wieder
neuerdings ins Leben trat, durch mancherlei Dienste, besonders
durch Wachdienste, anstrengender. In der Nacht vom dritten
auf den vierten Juni hatte ich Bahnhofwache. Ich wurde mit
drei Bürgerwehrmännern dazu abkommandiert, einen Kurier,
der nach Mitternacht mit einer Extralokomotive ankam und der
sich über seine angebliche Personalität (Adjutant vom Oberkommandanten
der Bürgerwehr Becker63) nicht gehörig legitimieren
konnte, nach seinem Bestimmungsort Freiburg zu eskortieren
.64 Wir waren um fünf Uhr wieder in Offenburg zurück. Als
infolge des Rückzuges der Volksarmee und der Flucht der provisorischen
Regierung nach Freiburg auch die Staatskasse dahin
abgeführt wurde, musste ich auf Kommando mit noch 18 Wehrmännern
des dritten Aufgebotes diese als Sicherheitswache
dahin begleiten. Bei dem Rückzug der Volksarmee war die Stadt
Offenburg in Gefahr, der Schauplatz eines Kampfes und infolgedessen
durch Kugeln und Feuer zerstört zu werden.

Es wurde darüber in Offenburg Kriegsrat gehalten. Während
des Kriegsrates ließ man bei mir die Geografie von Hennings
holen. Nach Zersprengung des ersten Flügels des badischen Heeres
in der letzten Woche des vorigen Monats, zogen die Trümmer
desselben truppenweise und einzeln meist aus dem Gebirge
noch in hiesiger Gegend durch, teils nach dem Oberland, teils
in ihre Heimat. Mehrere wurden von Landsleuten aufgefangen
und auf der Eisenbahn wieder zur Armee expediert.

Sonntag, 1. Juli, kam General Mieroslawski65 mit dem Rest
seiner Armee hier an: badische Infanterie, etwa ein Bataillon,
Dragoner, ein Schwadron, sämtliche Artillerie, die polnische
Legion, die deutschpolnische Legion, die Rheinbayern, die Hanauer
Turner und einzelne Soldaten aus anderen deutschen
Staaten und Leute aller Nationen. Die meisten entmutigt und
ermüdet, viele entblößt der nötigen Kleider und Schuhe, dennoch
fiel kein Exzess vor. Mieroslawski hat hier abgedankt und
hat sich nach Straßburg begeben. In der Ungewissheit, es
könnte hier nochmals zu einem Zusammenstoß kommen, versteckte
man seine besten Habseligkeiten. Ich brachte mein
Bestes in eine unterirdische Gruft einer nahe gelegenen Kirche
.66 Tornister, Taschen und ein Kinderwagen wurden gepackt
, um bei Beginn der Beschießung der Stadt gleich ins nahe
Gebirge flüchten zu können. Glücklicherweise befreite uns der
gänzliche Abzug der Volksarmee von unserer Besorgnis.


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