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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
92. Jahresband.2012
Seite: 417
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Vor aller Augen:

Die Versteigerung jüdischen Eigentums in Offenburg
nach der Deportation vom 22. Oktober 1940

Martin Ruch

Über die Deportation der badisch-pfälzischen Juden nach Gurs
am 22. Oktober 1940 ist bereits vieles gesagt und geschrieben
worden. Und immer noch gibt es da und dort weitere erhellende
Quellenfunde zu machen. Warum haben beispielsweise
die Offenburger Bürgerinnen und Bürger so wenig Protest eingelegt
gegen die Vertreibung ihrer jüdischen Nachbarn? Was
für eine Stimmung herrschte in der Stadt am Vorabend des
Geschehens vom 22. Oktober?

Am 15. Oktober 1940 lud ein Inserat im Offenburger Tageblatt
zum „gewaltigen Filmwerk Jud Süß" in die Stadthalle. Und
bereits am 16. Oktober berichtete ein lokaler Journalist in seiner
Besprechung von der Wirkung dieses Filmes, der „das wahre
Gesicht des Weltjudentums" zeige. Die Resonanz in Offenburg
sei groß gewesen, wie dem Tageblatt zu entnehmen war:
„Wegen dem großen Andrang wird gebeten, frühzeitig erscheinen
zu wollen. Jugendliche über 14 Jahren haben Zutritt." Am
Montag, 21. Oktober 1940, Vi 8 Uhr, lief „das große Filmwerk"
zum letzten Male in Offenburg - anderntags vertrieb man die
Juden aus der Stadt, aus Baden, aus der Heimat. Der Film wird
wohl da und dort letzte Hemmungen beseitigt haben, wird man
bitter registrieren können.

Joseph Goebbels hatte sich persönlich um das Zustandekommen
des Filmprojektes „Jud Süß" gekümmert und er war mit
dem Ergebnis mehr als zufrieden, wie dem Tagebucheintrag
vom 18.9.1940 zu entnehmen ist: „Harlan Film Jud-Süß'. Ein
ganz großer, genialer Wurf. Ein antisemitischer Film, wie wir ihn
uns nur wünschen können. Ich freue mich darüber."1

„Jud Süß" war bei den Filmfestspielen in Venedig am 5. September
1940 uraufgeführt worden. In Deutschland fand die
Premiere am 24. September im Berliner Ufa-Palast am Zoo statt.
Wie bei Nazi-Filmgroßprojekten dieser Art üblich, waren Goebbels
und andere hohe NS-Vertreter anwesend. Allein in diesem
Kino wurde der Film während der ersten vier Wochen von
111677 Besuchern gesehen. Bis zum Jahr 1943 sahen 20,3 Millionen
Menschen den Film.

Der Schriftsteller Ralph Giordano, nach nationalsozialistischem
Sprachgebrauch ein „jüdischer Mischling", schildert als


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