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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 110
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Götz Bubenhofer

und die Mutter erzählte mir ihr Leid und das Leid ihrer Kinder
so anschaulich, dass ich mein eigenes Elend vergaß, solange die
kleine, alte Frau vor mir stand. Sie kam mir aber in diesem
Augenblick groß vor und stark wie eine Tanne, welche der
Sturm schüttelt, die aber nicht bricht, sondern unentwegt
immer wieder ihre Äste gen Himmel richtet. ,Zwei Kinder hab'
ich jetzt hierherbingen müssen. Es hätt' mir nit weher getan,
wenn sie gestorben wären. Aber man muß es halt nehmen, wie
Gott es schickt', so schloß sie ihre Rede, als ich am Tore von
Illenau von ihr Abschied nahm" (S.272).

Es war aber kein Abschied für immer. Am 20 März 1894 trifft
er sie abermals in Illenau, wo sie, wie Hansjakob in seinem Tagebuch
vermerkt, „in edler mütterlicher Art nach ihrer Vita
sehen wollte" (S.267). Und zwei Jahre später, am 9. Juni 1896,
besucht Hansjakob die drei Wibervölker Juditha, Nothburga
und Vita oben in ihrer einsamen Berghütte im Fohrengrund in
Bergzell und macht damit einen Vorsatz wahr, den er bereits
nach seiner ersten Begegnung mit Juditha gefasst hatte. Im Ille-
nau-Tagebuch heißt es nämlich unter dem Datum des 28. Februars
1894: „Wenn es mir aber vergönnt wird, einmal länger ins
Kinzigthal zu kommen, werd ich nach Bergzell wandern und
die Hütte aufsuchen, wo die Großmutter, die Mutter Juditha
und deren Kinder, jetzt beide wieder zu Haus (d.h. 1895, als
Hansjakob sein Tagebuch veröffentlichte), auf einsamer Haide
einsam ein hartes Leben führen" (S. 192). Die Großmutter Franziska
, die, wie wir bereits gehört haben, in der Erzählung „Afra"
eine wichtige Rolle spielt, war allerdings inzwischen, im Jahr
1895 gestorben, so dass er diese nicht mehr persönlich kennenlernen
konnte, dafür nutzte er, entgegen dem Satz „de mortuis
nihil nisi bene" ihren Tod, um sie als rechte Beißzange zu schildern
, die dem Liebesglück ihrer Tochter alle möglichen Hindernisse
in den Weg legt. Möglicherweise lag dem Besuch Hansjakobs
in Judithas Heimat die Absicht zugrunde, ihr Schicksal
literarisch zu verwerten, wozu natürlich auch die Bekanntschaft
mit den beiden Töchtern sowie mit dem häuslichen Umfeld
und der Landschaft nötig war. Er selbst schreibt dazu allerdings
gegen Ende der Erzählung „Afra": „Beide (die beiden Töchter)
setzen sich neben mich auf die Holzbank, die an den Fenstern
hin um den Tisch herumläuft, und ich sage ihnen, dass ich ihre
Mutter kenne, seitdem sie das zweitemal in Illenau war, wo sie
mir von ihren Meidlen erzählt hätte. Mitleid mit ihnen, deren
Leid ich aus eigener Erfahrung nachfühlen könne, habe mich
hierhergeführt" (S. 274). In den Tagebuchblättern mit dem Titel
„Im Paradies" schildert Hansjakob seinen Besuch auf dem Föhrengrund
am 9. Juni 1896 wie folgt: „Schon seit einigen Wo-


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