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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 242
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242 Irm§ard Schwanke

Zeilen Ludwig Auerbachs: „O Schwarzwald, o Heimat, wie bist
du so schön/'61 Nach und nach wurde für August Ganther nicht
allein Oberkirch und das Renchtal, sondern ganz allgemein der
Schwarzwald zur Heimat.

Heimat definierte sich für den Waisenjungen, der früh beide
Eltern und die ältere Schwester verloren hatte, jedoch nicht alleine
über eine vertraute Landschaft, sondern auch über die Erinnerung
an geliebte Menschen. Im Gedicht ,,D' Haimet" beschreibt
er eine Frau, die mit ihrer Heirat den Schwarzwald ver-
lässt. Sie sehnt sich jahrelang nach der alten Heimat. Als jedoch
ihre Kinder und ihr Mann sterben, denkt sie nicht mehr an eine
Rückkehr. Nun fühlt sie sich an dem Ort zuhause, an dem ihre
Familie bestattet ist: „... Doch wo mini Kinder schlofe / Un mi
Ma, - bin I dehaim."62

In das beschauliche Oberkirch zog es August Ganther im Erwachsenenalter
nur noch zu Besuchen. Hier kam ihm mittlerweile
„alles lächerlich klein vor"63. Dennoch fühlte er sich seiner
Geburtsstadt und dem Renchtal eng verbunden. Er verfasste
zu den unterschiedlichsten Anlässen Gedichte, so zum 600-jährigen
Jubiläum der Verleihung der Oberkircher Stadtrechte
1926 oder zur Eröffnung des letzten Teilstücks der Renchtal-
bahn von Peterstal nach Griesbach 1933. Auch zeigte er sich
hoch erfreut, als 1927 in Oberkirch eine Straße nach ihm benannt
wurde.64 1937 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde verliehen
.65

Mittlerweile bewegte sich der ehemalige Bewohner des Waisenhauses
in den höheren Kreisen der Oberkircher Gesellschaft
. Bei einem Aufenthalt im Januar 1929 wurde er im Rathaus
empfangen, er besuchte die Fabrikantenfamilie Koehler
und den Pfarrer und hielt sich bei der Familie des Oberkircher
Drogisten Parisei auf: „Abends musikalische Unterhaltung bei
Pariseis. Vater und Sohn spielen ein Celloduett." Wenig angetan
hatten es ihm die Oberkircher Schüler: „Um 11 Uhr Vortrag
in der Volksschule Oberkirch. Stupide Gesellschaft." Und
am nächsten Tag: „Morgens früh Vortrag an Realschule. Auch
stupides Volk."66

Offenbar hatte August Ganther keine Berührungsängste gegenüber
den neuen Machthabern. Als der nationalsozialistische
Bürgermeister Doli ihn 1937 um ein Gedicht zur Einweihung
des Kriegerdenkmals im Oberkircher Stadtgarten bat, kam er
diesem Wunsch nach.67 In den Tagebüchern August Ganthers
von 1933 und 1934 zeigt sich eine gewisse Sympathie für die
NSDAP. Sie gründete offenbar in erster Linie aus dem Entsetzen
über den Ausgang des 1. Weltkrieges und die Bedingungen des


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