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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 255
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Jean-Paul Sartre und das Elsass O C C

seinen Militärdienst abgeleistet hatte, wurde trotz seiner starken
Kurzsichtigkeit eingezogen: Als Obergefreiter sollte er in der
Funktion eines Wetterbeobachtungssoldaten an der Maginot-
Linie seinen Dienst tun.

Es war ein tiefer Einschnitt in Sartres Leben: Er tauschte die
Pariser Großstadt gegen die elsässische Provinz, die Frauenwelt,
in der er sich bisher vorzugsweise bewegt hatte, gegen eine
reine Männerwelt, und die Existenz eines philosophischen
„Luftmensehen", der seine Mitmenschen vom „Hochsitz" aus
beobachtete, mit der eines „Froschmenschen" (beide Begriffe
stammen von Sartre). Der Krieg und damit die ständig drohende
physische Vernichtung trugen ihr übriges dazu bei, den
Bohemien langsam, aber sicher in einen Existenzialisten zu
verwandeln.

Der Truppentransport Richtung Elsass führte zunächst in die
alte lothringische Hauptstadt Nancy, deren Bahnhof damals
voller Uniformierter war. Im Jahr darauf durchfuhr Sartre den
gleichen Bahnhof noch einmal: diesmal als Kriegsgefangener
auf dem Weg nach Trier. Doch nun war die Halle von den deutschen
Besatzern hermetisch abgeriegelt und daher gespenstisch
leer. In dem Roman La mort dans l'äme (1949) berichtet er
davon:

Der Zug bewegt sich nicht mehr schnell, er fährt an den langen,
verlassenen Bahnsteigen entlang, Brunet liest auf einer Tafel:
„Ausgang. Unterführung". Der Zug beschleunigt wieder. Der
Bahnhof ist tot.

(Sartre: Mort, S. 419; Ü: S.W.)

Doch zurück ins Jahr 1939: Von Nancy führte Sartres Weg
über Saverne nach Marmoutier, ein „schmuckes und gepflegtes
kleines Dörfchen mit grünen und rosa Häusern, umgeben
von lauter Gärten, die von Obst überquellen" (Sartre an
Simone de Beauvoir am 13.9.1939). Vom 11. September bis
zum 3. Oktober 1939 war er hier stationiert und lernte seine
Kameraden kennen, mit denen er die folgenden Monate verbringen
sollte: den Schlafwandler Paul, den fußlahmen Hypochonder
Pieter (eigentlich: Pieterkowski, ein Jude polnischer
Abstammung) und den dicken Schnarcher Keller. Der vergleichsweise
friedliche Auftrag der vier bestand darin, mit Gas
gefüllte Luftballons aufsteigen zu lassen, deren Flugrichtung
zu beobachten und ihren Vorgesetzten darüber Meldung zu
machen - die diese vermutlich in den Papierkorb warfen.
Immerhin verhalf ihnen diese Tätigkeit gelegentlich zu einer
Dienstfahrt in die Nachbarstadt Saverne, um dort (wie später


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