Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 259
(PDF, 86 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0260
Jean-Paul Sartre und das Elsass O CO

Am 31. Oktober 1939 traf diese, ausgestattet mit einem
24-Stunden-Visum, am Bahnhof von Brumath ein, um Sartre
zu besuchen. Wie vereinbart (Sartre hatte ihr einen selbst angefertigten
Stadtplan mit seinen Lieblingsadressen geschickt)
fand sie ihren mittlerweile bärtigen und im „Sitz-Krieg" etwas
dick gewordenen Lebensgefährten schreibend in seinem
Stammlokal vor, der Taverne du Cerf. Um keinen Ärger mit
Sartres Vermieterin zu bekommen, verbrachten die beiden
ihre erste Nacht ihm Hotel „Ville de Paris" (13 Rue General
Rampont). Nachdem es Simone de Beauvoir dank ihres resoluten
Auftretens gelungen war, ihr Visum im Rathaus der Gemeinde
verlängern zu lassen, nahmen sie sich für ein paar
Tage ein gemeinsames Zimmer im „Boeuf Noir" (2 Place
Geoffroy Velten). Unter anderem lektorierte Simone de Beauvoir
hier Sartres aktuelles Romanmanuskript, wie sie es schon
mit früheren getan hatte. Sie habe ihn damals „in seinem
Sumpf aufgerüttelt" und „zutiefst glücklich" gemacht, bekannte
Sartre in einem Brief vom 6. November 1939. Zu diesem
Zeitpunkt war sie bereits seit einem Tag wieder Richtung
Paris unterwegs. Dabei musste sie in Saverne einen Tag lang
auf ihren Anschlusszug warten, wovon sie Jahre später in ihrer
Autobiographie La force de Vage (1960) berichtet:

Saverne; 9 Uhr, gewaltiger schwarzer und vor Menschen wimmelnder
Bahnhof. Es gibt nur einen Wartesaal mit Imbiss, wo
man nicht trinkt (...). Der Schnellzug fährt erst um Mitternacht
ab und ich fühle mich etwas verängstigt Der Wartesaal stinkt
nach Krieg; die dicht aneinander gerückten Tische sind mit traurigen
Gepäckstücken bedeckt: Matratzen, Decken, Koffer von
Evakuierten; die Evakuierten drängen sich auf den Stühlen, inmitten
eines dichten Qualms und der ungesunden Hitze eines Kohle-
Ofens. Ich stehe aufrecht in einer Ecke und lese; dann gehe ich
hinaus. In den Unterführungen sind Säcke gestapelt, auf denen
Soldaten sitzen und essen; andere ruhen sich auf den Treppenstufen
aus; der Bahnsteig ist so mit Soldaten überfüllt, dass man
keinen Schritt machen kann. Ich bleibe kerzengerade stehen, wie
ein Säulenheiliger, und lasse mich so von meinen Gedanken forttragen
, dass ich kaum merke, wie die letzte Stunde der Wartezeit
verstreicht.

(Beauvoir, S. 432f.)


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0260