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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 263
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0264
Jean-Paul Sartre und das Elsass

chen Tag fiel sein einstiger Studienkollege und enger Freund
Paul Nizan (1905-40), ein bedeutender Romancier, Essayist
und Übersetzer, beim deutschen Angriff auf Dunkerque (Dünkirchen
). Sartre erfuhr davon erst viel später, doch plagten ihn
dunkle Ahnungen: Obwohl er nicht einmal wusste, an welchem
Frontabschnitt sich Nizan befand, teilte er am 30. Mai
Simone de Beauvoir schriftlich mit, wie sehr er sich um seinen
Freund sorge. Gleichzeitig bemühte er sich, seiner Gefährtin
(und damit wohl auch sich selbst) Mut „zuzuschreiben". Ob er
das, was er dabei zu Papier brachte, wirklich glaubte, ist fraglich
.

5. Der Zusammenbruch - Haguenau Juni 1940

Haguenau ist die Stadt von Friedrich Barbarossa und Reinmar
dem Alten, der hier den höfischen Minnesang begründet haben
soll. Aber es ist auch die Stadt, in der Alfred Döblin das Ende des
1. Weltkriegs und den Ausbruch der Revolution erlebte. In
seiner Roman-Tetralogie Bürger und Soldaten berichtet er davon.
Von alldem erfuhr Sartre in den wenigen Tagen, die er hier
verbrachte, wohl nichts. Immerhin zweimal hat er sich hier
aufgehalten: Am 22. Dezember 1939 sah er auf der Durchreise
von Morsbronn-les-Bains nach Pfaffenhoffen die noch bewohnte
Stadt, am 11. Juni 1940 hingegen eine verlassene Geisterstadt
. Haguenau war ab dem 17. Mai wegen des deutschen
Beschüsses evakuiert worden. Die beklemmende Atmosphäre in
den menschenleeren Gassen schildert Sartre in seiner Erzählung
La mort dans l'äme (1942), die nicht mit dem gleichnamigen
Roman (1949) verwechselt werden darf. Auch dieser hat
zwar die französische Niederlage von 1940 zum Gegenstand,
doch ist dessen Handlung nicht im Elsass, sondern in Lothringen
und Paris angesiedelt:

Wir haben nichts zu tun. Wir haben nie irgend etwas zu tun,
das ist ein schlechtes Zeichen (...). Fünf Alarme heute. Merkwürdige
Alarme, mit dem Stöhnen eines Tieres, dem man die
Gurgel durchschneidet, die wie Schreckensschreie zum Himmel
aufsteigen, zu den Flugzeugen, und die niemand in der toten
Stadt hört (...). Plötzlich stoßen wir auf einen Platz. Schöne und
hohe Häuser mit bunten Fassaden - blau, weiß, grün und rosa
- mit Giebeln und Türmchen; große Läden. Die eisernen Rollläden
sind nicht einmal heruntergelassen, die Schaufenster
blinken. Lediglich der Türgriff wurde beim Verlassen des Hauses
entfernt.

(Sartre: Ecrits, S. 640/643, Ü: S.W.)


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