Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 163
(PDF, 98 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0164
Gymnasiale Kriegsbegeisterung und vaterländischer Opfertod 1914-1918 1^3

Dies zu vertieftem Nachdenken anleitende Motto unserer
Abhandlung hatte als Aufruf für einen hoch motivierten Teil
unserer Weltkriegsgymnasiasten Gültigkeit. Für alle, die ihm
folgten, führte es in die biografische Katastrophe eines grausamen
und nutzlosen Krieges. Für die meisten endete er frühzeitig
im Artilleriefeuer und Kugelhagel von Maschinengewehren,
Granaten und Minen oder im trostlosen und ruhmlosen Elend
dreckiger Schützengräben in einem aussichtslosen Stellungskrieg
. Diese Diskrepanz zwischen begeistertem Kampfeswillen
für ein geliebtes Vaterland bis zum aufopfernden Heldentod
und der bitteren Realität eines frühen, qualvollen Todes auf
den von Stahlgewittern aufgerissenen Schlachtfeldern fern der
Heimat ist für uns Nachgeborene heute schwer zu beurteilen.
Hellsichtige Zeitgenossen haben diesen Irrsinn einer durch
falsche patriotische Parolen kollektiv verführten Generation
schon frühzeitig erkannt. Während Kriegsleutnant Walter Flex,
der 1917 auf Ösel im baltischen Meer gefallene „Wanderer zwischen
beiden Welten", 1905 in einer Abitursrede im Erfurter
Gymnasium sein Thema „pro patria mori(re)"(fürs Vaterland
sterben) uneingeschränkt verteidigt, wäre Bertolt Brecht wegen
einer gegenteiligen Meinung in seinem Aufsatz in der Unterprima
seines Augsburger Gymnasiums 1916 beinahe von der
Schule geflogen. Er schreibt: „Der Ausspruch, dass es süß und
ehrenvoll sei, fürs Vaterland zu sterben, kann nur als Zweckpropaganda
verstanden werden. Der Abschied vom Leben fällt
immer schwer, im Bett wie auf dem Schlachtfeld, am meisten
gewiss jungen Menschen in der Blüte der Jahre ... Es ist süß
und würde mehr passen, für das Vaterland zu leben." Brecht
besteht Ende März trotz des ihm bescheinigten „verwirrten
Schülerhirns" sein nur mündliches Kriegsabitur zusammen mit
vier weiteren Primanern, die restlichen 16 sind bereits beim
Militär, wo dann Brecht auch noch ein paar Monate im Augsburger
Lazarett als Sanitätssoldat dient. Der große Humanist
Erasmus von Rotterdam hatte schon 500 Jahre vor den verheerenden
beiden Weltkriegen (sicher auch gegen Horaz!), konstatiert
: „dulce bellum inexpertis" (süß ist der Krieg nur für die,
die ihn nicht erfahren mussten). Dieses weise Statement kann
uns zu einer abschließenden Beurteilung für die hier behandelte
gymnasiale Kriegsbegeisterung und den nachfolgenden
vaterländischen Opfertod sicher genauso weiterhelfen wie das
anschließend abgedruckte Gedicht von einem, der den Krieg
selbst erfahren hatte und die antike Dichterweisheit vom
süßen und ruhmvollen Opfertod für das Vaterland als alte Lüge
brandmarkt. Der Autor war Teil der hier behandelten Generation
:


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0164