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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 193
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Schriftsteller im Elsass und in Lothringen 1914-18 103

stärkste Festung der Welt sei, und deshalb hieße sie Feste Kaiser
Wilhelm II. Die Kornfelder in der Ebene bargen zahllose Forts,
von denen wir Kinder wußten, daß uns der schwarze Mann
holen werde, wenn wir ihnen zu nahe kämen, denn in den großen
rechteckigen Maulwurfshügeln, da wohnte er (...). Wieviel
Fremde für uns, schwindelnde Ferne und nächste Feindschaft!
(Schickele, Bd. 3, S. 277f.)

Schickele und der 21 Jahre ältere Barres standen sich bis 1900
sehr nahe: Beide waren französischsprachig aufgewachsen und
katholisch erzogen worden. Beide liebten ihre Region und empörten
sich über deren Militarisierung. Dann aber entwickelten
sie sich in gegensätzliche Richtungen weiter: Der Franzose
Barres wurde zum Wortführer des nationalistischen Lagers,
Schickele dagegen, bis 1918 dem Papier nach Deutscher, wurde
ein Mahner für Frieden und internationale Verständigung. Ob
er daran überhaupt noch geglaubt hat? In seinem Roman Benkai
der Frauentröster (1913) jedenfalls erzählt er vom Krieg in
einem fiktiven Land, das unverkennbar an Elsass-Lothringen
erinnert.

Die wachsende Militärpräsenz entging selbst Kindern nicht,
eines davon hieß Jean-Paul Sartre (1905-80). Wie jedes Jahr
verbrachte der damals Achtjährige den letzten Friedenssommer
1913 bei seiner Familie mütterlicherseits im elsässischen Pfaffenhofen
. Vom Haus seiner Großtante Caroline aus sah er
deutsche Soldaten, die die Dorfstraße entlang zogen. In seinem
Kriegstagebuch vom 22.12.1939 schreibt er viele Jahre später:

Ich erinnere mich vage an das silberne Glänzen eines deutschen
Regiments, das unter schrillen und schneidenden Flötentönen
unter unserem Fenster vorbeimarschierte. (Sartre: Carnets,
S. 374, Ü: S. W.)

Vielleicht waren die Soldaten gerade auf dem Weg ins Sommermanöver
, das 1913 im Nordelsass stattfand. Einer von ihnen
sollte dort eine Staatsaffäre auslösen, die das Land dem Krieg
wieder ein Stück näher brachte: der damals 20-jährige Leutnant
Günther von Forstner (1893-1915). Ein Redakteur der
Straßburger Post schildert den weiteren Hergang:

Der Leutnant Freiherr von Forstner, frisch von der Kadettenschule
in das Zaberner Infanterie-Regiment 99 entlassen, war im
Manöver in Hatten dem von seinem Quartierwirt reichlich gespendeten
Elsässer Wein zum Opfer gefallen und hatte im Rausch
sein Bett verunreinigt, wie sonst nur Säuglinge mit ihren Windeln


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