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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 194
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0195
1 94 Stefan Woltersdorff

tun. - Nur war das bei dem immerhin schon etwas erwachsenen
Leutnant quantitativ nicht so leicht zu nehmen und menschlich
nicht so entschuldbar. Das Dienstmädchen des Quartierhauses,
dem die peinliche Wäsche der Leintücher zufiel und dem der
verkaterte Leutnant beim Abschied nicht einmal durch ein Trinkgeld
die Arbeit angenehmer gemacht hatte, stammte aus Zabern,
hatte die Regimentsnummer natürlich sofort erkannt und ließ ihr
Plappermaul nach Herzenslust Spazierengehen (...) Weil „Messti"
war, hörten die Geschichte alle, die da tanzten und tranken. Von
da an liefen die Gassenbuben dem Leutnant auf der Straße nach,
riefen - weil sie eben Gassenbuben und in diesen Dingen der
umschreibenden Redeweise nicht kundig sind - ihm „Bettschis-
ser" nach und rannten davon. Das war die einfache, in ein Wort
kondensierte Beschreibung des Tatbestandes, wurde aber vom
Regimentskommandeur als Beleidigung - nicht etwa derHattener
Familie und ihres Gastbettes, sondern des Leutnants gedeutet.
(Fröba, S. 16 f.)

Von Forstner wagte sich von nun an nur noch mit bewaffneter
Eskorte auf die Straße und versprach sogar jedem eine Mark,
der einen „Dreckwackes zusammensticht". Tags darauf waren
diese Worte im Zaberner Anzeiger nachzulesen, woraufhin sich
wütende Bürger vor Forstners Wohnung und in seinem
Stammlokal, dem Gasthof zum Karpfen versammelten (heute
La Carpe d'Or). Am 28. November 1913 eskalierte die Situation
. Im Dezember-Heft seiner Zeitschrift Kain. Zeitschrift für
Menschlichkeit schildert Erich Mühsam (1878-1934) die Ereignisse
:

Das Zaberner Straßenbild muß einen recht angenehmen Eindruck
gemacht haben. Ein Rudel Leutnants geht spazieren, darunter
Herr von Forstner. Spielende Kinder bemerken ihn und eins
ruft „Bettschisser". Das Rudel Leutnants zieht die Plempen und
jagt hinter den Kindern her, - ein wahrhaft kriegerischer Anblick
(...). Da erscheinen auf der Bildfläche 50 Mann Füsiliere, stellen
sich in zwei Gliedern auf, das vordere kniet nieder, die Leute legen
auf die Schüler an, und unter Trommelwirbel ertönt die Aufforderung
, sich zu zerstreuen. Wer nicht sofort verschwindet, wird
festgenommen - im ganzen 27 Personen, darunter zwei Landgerichtsräte
und ein Staatsanwalt, die gerade einen Übeltäter gegen
die bürgerliche Ordnung verknallt haben.
Die Verhafteten werden im ausgeräumten Kohlenverlies der Regimentskaserne
, dem sogenannten Pandurenkeller, untergebracht,
einem stinkenden, dunklen Loch, von dessen Bestimmung zur
Menschenbehausung sein Erbauer sich nichts hätte träumen las-


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