Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 215
(PDF, 98 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0216
Schriftsteller im Elsass und in Lothringen 1914-18 215

Auch das südöstlich von Douaumont gelegene Fort Vaux
(1881-84) war Monate lang schwer umkämpft: Am 1. Juni 1916
gelang deutschen Truppen zwar der Vorstoß ins Innere. Doch
anders als in Douaumont gaben die Verteidiger nicht auf. Sechs
Tage währte ihr verzweifelter Kampf in den engen, feuchten
Gängen. Am vierten Tag sandte Kommandant Raynal eine
Brieftaube aus, ein letzter Hilfeschrei. Das arme Tier kämpfte
sich durch Kugelhagel und Giftgas und starb, als es in der Zitadelle
von Verdun ankam. Es wurde ausgestopft, bekam einen
Ehrennamen (Die Tapfere), eine Ehrentafel (Gefallen für Frankreich
) und das Kreuz der Ehrenlegion. Doch den Verteidigern
des Forts war damit auch nicht geholfen.

Bereits 1916 wurde der Kampf von Henry Bordeaux (1870-
1963) literarisch verklärt. In seinem dokumentarischen Roman
Les derniers jours du Fort de Vaux preist er die angeblichen Werte
des Soldatentums, die sich hier gezeigt hätten. 1940 schloss er
sich der faschistischen Vichy-Regierung an, nach dem Krieg
geriet er in Vergessenheit. Bordeaux war Vorbild für den deutschen
Autor Josef Magnus Wehner (1891-1973). Der streng
religiös erzogene Lehrersohn war bei Kriegsausbruch als Freiwilliger
dem Heer beigetreten und verbrachte zwei Jahre nahezu
ununterbrochen an der Front. Am 12. Juli 1916 wurde er
bei Fleury schwer verwundet. Nach dem Krieg arbeitete er als
Journalist, bis ihm mit seinem Kriegsroman Sieben vor Verdun
(1930) der literarische Durchbruch gelang. Er schildert darin
die Schlacht aus der Sicht von sieben Soldaten, von denen nur
fünf überleben. Die letzte Nacht vor der Kapitulation im Fort
de Vaux beschreibt er folgendermaßen:

Alle französischen Angriffe wurden abgeschlagen. Wieder glich
der Vauxberg einem rauchenden Vulkan. Erstickende Gase drangen
in die Hohlräume. Die Mauern krachten und die Verwundeten
schrien (...).

Raynal besichtigte die Posten. Sie hingen niedergeschlagen an den
Fenstern und rührten sich nicht mehr, als er sie ansprach. Sie
konnten nicht mehr. Er ging in seine Kasematte. Dort stand der
Unterleutnant Roy. Er erkannte seinen Kommandanten kaum. Er
wusste nichts zu sagen.

Die Tür öffnete sich. Ein Verwundeter, den nackten Oberkörper
mit blutigen Linnen umwunden, stand da wie ein Geist, die Hand
an der Klinke. Er setzte einen Fuß vor, kniete nieder und rief:
„Mein Kommandant... trinken!"

Es wurde Nacht. Raynal bat die Offiziere zu sich. Er fragte sie um
Rat. Sie wussten nichts mehr. Draußen rollte die französische
Kanone. Ei neuer Angriff? Der Kommandant versprach seinen


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0216