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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 216
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21 £ Stefan Woltersdorff

Offizieren, er werde sich ergeben, wenn auch dieser letzte Sturm
scheitere. Die Artillerie schwieg. Handgranatengekrach, dann
Stille ohne Ende.

Noch einmal ging Raynal die Gänge ab. Leute übergaben sich vor
seinen Augen; sie hatten Urin getrunken. Andere waren ohnmächtig
. In der großen Galerie leckte ein Mann an einer kleinen
Strähne Feuchtigkeit, die über die Mauer schlitterte.
Der Tag graute. Sie sahen ihn nicht. Raynal sammelte seine Leute
um sich:

„Das ist das Ende, meine Freunde. Ihr habt eure Pflicht getan, ich
danke euch/' (Wehner, S. 174 f.)

Am 7. Juni 1916 mussten die 250 Überlebenden aus Wassermangel
kapitulieren. Allein auf deutscher Seite waren 2700 Mann
gestorben. Ein schwer erkämpfter und doch völlig sinnloser Sieg,
denn nur fünf Monate später wurde das Fort aufgegeben und
kampflos von französischen Truppen eingenommen. 1924 besuchte
Kurt Tucholsky den Ort. Anders als Bordeaux und Wehner
erschien ihm die Ruine nicht als Symbol soldatischer Tugenden
, sondern als Gleichnis für die Sinnlosigkeit des Krieges:

Der Wagen hält. Diese kleine Hügelgruppe: das ist das Fort
Vaux. (...). Um diesen Kohlenkeller haben sich zwei Nationen
vier Jahre lang geschlagen. Da war der tote Punkt, wo es nicht
weiter ging, auf der einen Seite nicht und auf der andern auch
nicht. Hier hat es haltgemacht. Ausgemauerte Galerien, mit
Beton ausgelegt, die Wände sind feucht und nässen. In diesem
Holzgang lagen einst die Deutschen; gegenüber, einen Meter von
ihnen, die Franzosen. Hier mordeten sie, Mann gegen Mann,
Handgranate gegen Handgranate. Im Dunkeln, bei Tag und bei
Nacht. Da ist die Telefonkabine. Da ist ein kleiner Raum, in dem
wurde wegen der Übergabe parlamentiert. Am 8. Juni 1916 fiel
das Fort. Fiel? Die Leute mußten truppweise herausgehackt werden
, mit den Bajonetten, mit Flammenwerfern, mit Handgranaten
und mit Gas. Sie waren die letzten zwei Tage ohne Wasser.
(Tucholsky: Bd. 1, S. 1207)

Rund um die Festungen von Douaumont und Vaux ist die Erde
noch heute von Schützengräben zerfurcht. Einer davon wurde
zu einem makabren Denkmal umgestaltet: der sogenannte Bajonettgraben
. Nach dem Krieg war hier ein ehemaliger Schützengraben
entdeckt worden, aus dem die Spitzen aufgepflanzter
Bajonette herausragten. Der Legende nach sollen im Jahr
1916 hier sieben französische Soldaten aufrecht stehend verschüttet
worden sein.


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