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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 280
(PDF, 98 MB)
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280 Martin Ruch

zeichneten. Dahinter verbarg sich die Unterstellung, jüdische
Deutsche würden sich vor dem Heeresdienst drücken. Das Ergebnis
dieser Statistik: Ein Fünftel der Deutschen jüdischen
Glaubens war eingezogen worden, von ihnen fielen 15 Prozent.
Von der Gesamtbevölkerung starb ein Sechstel auf dem
Schlachtfeld, vom Gesamtheer elf Prozent. Erheblich höher
war also das Opfer der deutschen Juden für ihr Vaterland gewesen
und der Vorwurf der Drückebergerei entbehrte jeder sachlichen
Grundlage. Diese sogenannte „Judenzählung" bedeutete
daher eine ganz besondere, bislang einzigartige Diffamierung
für alle deutsche Juden und zerstörte bei vielen die Hoffnung
auf allgemeine Assimilation.

Die Ergebnisse dieser Zählung wurden übrigens seinerzeit
nicht veröffentlicht. Ob man nicht zur Aufklärung beitragen,
sondern den latenten Antisemitismus am Kochen halten
wollte? Es blieb den Deutschen also unbekannt, was später in
dem Buch „Die deutschen Juden als Soldaten im Kriege 1914-
1918. Eine statistische Studie von Dr. Jacob Segall, mit einem
Vorwort von Prof. Dr. Heinrich Silbergleit" in Berlin 1922 zu
lesen war: „Wenn wir die wichtigsten Ergebnisse unserer statistischen
Untersuchung in knapper Form zusammenfassen, so
ergibt sich folgendes:

1. ca. 100000 deutsche Juden haben am Feldzuge teilgenommen
, das heißt, die jüdische Bevölkerung in Deutschland
hat restlos den auf sie entfallenden Anteil an Kriegsteilnehmern
gestellt.

2. ca. 80000 jüdische Kriegsteilnehmer sind an der Front gewesen
, das heißt, 4/5 aller jüdischen Feldzugsteilnehmer,
und zwar nahezu gleichmäßig in allen Provinzen und Staaten
, haben vor dem Feinde gestanden.

3. ca. 12000 jüdische Kriegsteilnehmer haben die Heimat
nicht wiedergesehen, das heißt, die deutschen Juden haben
Blutopfer gebracht, die nach Lage der Dinge durchaus entsprechend
sind.

4. ca. 35 000 sind kriegsdekoriert, 23000 befördert worden,
darunter mehr als 2000 zu Offizieren, das heißt, die jüdischen
Kriegsteilnehmer haben an den Erfolgen kriegerischer
Leistungen in einer dem Durchschnitt mindestens
entsprechenden Weise teilgenommen."

„Süß und ehrenvoll" sei es, für das Vaterland zu sterben, so
meinte einst ein berüchtigtes altrömisches Wort. Mit „Süß und
ehrenvoll" betitelte auch der langjährige Botschafter Israels in
der Bundesrepublik Deutschland, Avi Primor, seinen Roman
über die jüdischen Soldaten des Ersten Weltkrieges. Mit ihrem


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