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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 288
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Martin Ruch

In der Hauptstraße (bald zur „Adolf-Hitler-Str." umbenannt) 28
richtete die verwitwete Frau Weil ab 1925 eine kleine Pension
mit Mittagstisch für jüdische Dauergäste ein. Eine Meldung der
Ortspolizei vom 4.11.1935 führte über Frau Weil aus: „Im Jahre
1910 pachtete sie zusammen mit ihrem Ehemann das Hotel
zum , Schwarzwälderhof', welches bis zum Tod des Mannes im
Jahr 1917 gemeinsam betrieben wurde. Von 1917 an wurde das
Hotel von ihr allein betrieben. Daran anschließend bis heute
bewohnt die Gesuchstellerin in der Adolf-Hitler-Str. 28 eine
Etagenwohnung. Ihren Lebensunterhalt bestreitet sie aus der
Vermietung von Zimmern an jüdische Dauermieter, sowie
durch Verabreichung von Mittag- und Abendessen/'14

Im Oktober 1935 stellte Frau Weil den Antrag auf Errichtung
einer Gaststätte in den Räumen ihrer Pension, auf eine „Con-
cession für Verabfolgung von Speisen mit Weinausschank,
Kaffee und Branntweinausschank unter Beschränkung auf jüdische
Gäste"15.

Das Bezirksamt äußerte sich in dieser Angelegenheit:

„Die Erkenntnis von dem unheilvollen Einfluß, den die Angehörigen
der jüdischen Rasse auf die politischen Verhältnisse und die
Reinhaltung der Rasse und des deutschen Blutes in der Vergangenheit
hatte, hat sich auch in der Offenburger Bevölkerung
durchgesetzt Das Bestrehen, sich von den Juden abzusondern
und diese unter sich zu lassen, ist allgemein wach geworden, und
die Volksgenossen empfinden es als unangenehm und bedrückend
, mit Juden in derselben Wirtschaft sitzen zu müssen. Die
Wirte haben daher den Juden nahegelegt, ihre Wirtschaft zu
meiden. Bis vor kurzem wurde ihr Aufenthalt nur noch im ,Pal-
mengarten' geduldet, wo er aber auch jetzt unerwünscht ist."16

Frau Weil erhielt im Februar 1936 die Konzession. Ihr Cafe war
in der Lage, bis zu 50 Personen zu bewirten. Viel Geld konnte sie
damit allerdings nicht verdienen, denn „pro Person wird vorzugsweise
1 Tasse Kaffee verzehrt". Schon im April 1936 klagte
Frau Weil, der Betrieb der Pension für Juden habe sich als unrentabel
erwiesen. Und am 17. Juli desselben Jahres musste Frau
Weil den Betrieb wieder schließen: „Frau Weil gibt den Betrieb
aus gesundheitlichen Gründen auf. Ihre Tochter Grete Weil ist
vor kurzem nach Nordamerika ausgewandert, ihre Tochter Ruth
beabsichtigt, in Kürze ebenfalls nach Nordamerika auszuwandern
."17 Die Familie emigrierte rechtzeitig und auch Frau Weil
plante bereits die Auswanderung, die ihr schließlich ein Jahr
später auch gelang. Hedwig Weil (geb. Ackermann), die Witwe
des für Deutschland gefallenen Adolf Weil, konnte am 11. Mai
1937 Offenburg in Richtung New York verlassen und überlebte.


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