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Granatkommotionsneurosen
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Hier fand Hertha Wiegand ihre Patienten vor, über die sie in
der Doktorarbeit schrieb:
„Ein kriegsfreiwilliger Oberprimaner schrieb mir vom ersten Artilleriekampf
folgendes: Wo sie fliegen (die Granaten), scheint die
Luft zu zischen und zu brennen. Man hat nur das eine Gefühl,
fortzulaufen. Ich liege da und bebe am ganzen Körper vor innerer
Erregung, das Herz schlägt zum Zerspringen, es hämmert bis
zum Halse hinauf. Bei jedem Krachen zuckt man und kriecht
noch mehr in sich zusammen. Ein Stöhnen läßt mich aufblicken,
ich fühle einen Schauer über den Rücken laufen, kalter Schweifs
bricht aus. Die beiden Kameraden neben mir wälzen sich in
ihrem Blut, schrecklich verstümmelt. Einen dritten hat es geradezu
zermalmt, zur Unkenntlichkeit zerstückelt und zerhackt. -
Es liegt hinter mir wie ein wirrer Traum." (S. 7)
Aus der Arbeit in Grafenberg von Oktober 1914 bis Juni 1915
schilderte Frau Wiegand dann den Symptomenkomplex der
Folgeerscheinung nach einer Granatexplosion bei 14 Patienten.
Bewusstseinsverluste, Verwirrtheits- und Dämmerzustände,
epileptoide Anfälle, Gedächtnisschwäche, Kopfschmerz,
Schwindel, Hör-, Seh- und Sprachstörungen, Schüttellähmung
und Schlaflosigkeit traten auf.
Den ganzen Krankheitsverlauf und die Behandlung ihrer Patienten
schilderte die Ärztin an den Einzelfällen. Deutlich kann
man noch in allen Schilderungen den furchtbaren Schrecken
und die Todesangst erkennen, die mit dem Detonationserlebnis
verbunden waren:
Wehrmann M. K., 31 Jahre, wurde bei Verdun 1914 nach einem
Granateneinschlag verschüttet, wurde für etwa 14 Stunden bewußtlos
und erst nach Stunden ausgegraben. Im Lazarett fiel er
durch eigentümliches Benehmen auf, „spricht nichts, sondert
sich von den andern ab und stiert sinnend mit ängstlichem Gesichtsausdruck
mit eigentümlichem Nicken und Zittern zum
Fenster hinaus". Der Patient gab anfangs nur schriftlich Antwort
, er habe nach dem Aufwachen aus der Bewußtlosigkeit die
Sprache verloren, und weiß nicht recht, was mit ihm vorgegangen
ist.
Wehrmann O. M., 30 Jahre, es sei eine Granate in seinen Unterstand
eingeschlagen, der Pfosten habe ihn gegen die linke Stirnseite
getroffen, er sei 2-3 Meter hinausgeschleudert worden, dann
sei er bewußtlos geworden, die Erinnerung sei ihm erst nach
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