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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 361
(PDF, 98 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0362
Wenn ich mich nicht jetzt melde, dann ist der Krieg vorbei, ohne dass ich dabei war

Auch bei mir fängt der Durchfall an. Das kann ja schön
werden. Man sagt uns, wir seien an der russischen Grenze. Es
wird Nacht. Es geht bergauf, bergab ab. Wir hören Hundebeilen
. Also scheinen wir uns einer Ortschaft zu nähern. Eine
Anhöhe hinauf, und dann folgt wieder das übliche Warten auf
ein Quartier. Dann aber klappt es doch noch. Etwa ein halber
Zug liegt mit uns in unserer Stube, in der ein Kachelofen
brennt. Einer liegt dicht am anderen. Eine unangenehme
Sache, besonders dann, wenn immer wieder einer einfach mal
austreten muss. Wir bekommen ordentlich zu essen.

Brot, endlich Brot, aber es schmeckt trotz Hunger doch nicht

Am anderen Morgen mache ich einen kurzen Gang durchs
Dorf, sehe aus einem Haus Landser herauskommen, die Brotlaibe
, große runde, unterm Arm tragen. Ich erkundige mich. Ja,
da drinnen sei eine Alte, die stehe in einem Kellerloch und
gebe Brote heraus. Brot, ja, das fehlt uns noch, das haben wir
schon seit Tagen nicht mehr gesehen. Schon bin ich drinnen
und stehe an. Dann habe auch ich meinen Laib Brot, drücke
der Alten 50 in die Hand - sie soll nicht sagen können, alle
Deutschen seien ... - Ich gehe schnurstracks mit meiner Errungenschaft
ins Quartier. „Mensch, Max, wo hast du das her?" Im
Nu war der Laib geteilt, aber schon spuckten die ersten. Sie
guckten mich an, ich gucke sie an. Ich beiße mein Brot an.
„Pfui Deiwel". Es schmeckt ganz gemein nach Petroleum. Wir
schneiden die Rinde weg, der Geschmack geht tief hinein. Mit
Todesverachtung wird zuletzt das Innere des Brotes hinuntergewürgt
, mit dem Erfolg, dass ich den ganzen Tag den Petroleumgeschmack
nicht mehr los werde.

Gerade habe ich mein Kochgeschirr mit einem Stück Rindfleisch
im Ofen stehen, da kommt der Befehl: Fertig machen!
Und das Rindfleisch ist nur halb gekocht. Wasser, oder besser
gesagt Fleischbrühe ausgeschüttet, um wenigstens das Fleisch
zu retten.

Wir brauchen Fleisch, die Bäuerin aber ihre Kuh

Gestern Abend war ich Zeuge eines Auftritts, der so recht die
Härten und die eben doch manchmal nicht vermeidbaren Gewaltmaßnahmen
in einem Krieg zeigt. Eine Frau zeterte mit
Offizieren und einem Feldwebel herum. Objekt des Streits war
eine Kuh, die von einem Landser am Strick gehalten wurde.
Die Alte wollte ihre Kuh behalten. Wir aber brauchten Fleisch.
Der Frau wurde klargemacht, sie bekomme die Kuh bezahlt. Ob
das die Frau getröstet hat? Ich bezweifle das.


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