Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 371
(PDF, 98 MB)
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Wenn ich mich nicht jetzt melde, dann ist der Krieg vorbei, ohne dass ich dabei war

Aber wir haben insofern Glück, als ein Ortelsburger unter uns
ist. Der muss los, um für uns eine Unterkunft zu suchen. Langsam
bewegt sich in der Nacht der geisterhafte Zug der sich gegenseitig
Stützenden, der müden Gestalten in Richtung Innenstadt
. Da leuchten ein paar Fenster. Wir sehen eine Wirtschaft.
Wir brauchen Wärme. Also hinein. Drinnen der Wirt und ein
paar Spießer. Wir werden nach dem Woher und Wohin gefragt.
Wohin? Ja, wenn wir das wüssten. Aber Bratheringe gibt es
hier. Der Brathering - das ist für uns Ausgehungerte das kulinarische
Erlebnis. Nach einer guten Stunde kommt unser Ortelsburger
zurück. Nach langem Herumfragen hat er eine Unterkunft
für uns gefunden. Wo, sagt der uns noch nicht. Warum
der „dumme Kerl" das zunächst verschwiegen hat, sollten wir
merken, als wir vor einem mit hohen Mauern umgebenen Gebäude
standen. Unsere Unterkunft war das Gefängnis. Aber das
ist uns jetzt so egal. Wir wollen ein Dach über dem Kopf und
warm haben. Nun muss noch festgestellt werden, wo im Haus
der Lokus ist. Endlich wieder einmal eine ruhige Nacht.

Im Lazarettzug in den Harz ins Kurhotel Schierke

Am Morgen gibt es etwas zu essen. Weniger angenehm empfinden
wir die später folgende Musterung der Angekommenen.
Nun wird sortiert: „Lazarettzug", „Sie bleiben hier", „Der kann
gleich wieder zur Truppe". ... Unten hatte die Musterung begonnen
. Der Nachrichtendienst funktionierte fabelhaft. Und
schon kommt ein Kamerad zu mir: „Du", sagt er, „mach mir
meinen Verband wieder fest. Mach nur gleich ein paar Binden
drum". Ich sehe, dass das Ohrläppchen etwas abbekommen
hat. Geblutet hat es tüchtig. Seinen Wunsch habe ich ihm erfüllt
und ihm das Ohr verbunden. Doch der Arzt wollte sehen,
was unter den Binden ist und als er es gesehen hat, meinte er
nur: „Na, hören Sie mal! Das ist ja gar nichts. Wieder zur
Truppe!"

Ich dagegen bekam einen Zettel angehängt: „Lazarettzug".
Ich fühlte mich wie wenn man mir den Himmel in Aussicht
gestellt hätte. Mein Corpus hatte es wahrhaftig nötig. Denn ich
war ausgehungert, durch den lang währenden Durchfall geschwächt
. Immer noch war ich unrasiert, seit Tagen nicht mehr
gewaschen. Nach der Entscheidung des Arztes war das Leben
wieder lebenswert und die Welt schaute freundlich aus. Nun
begann die Fahrt ins Lazarett. Wir fuhren und fuhren, wurden
unterwegs verpflegt, sogar beschenkt. Immer tiefer nach
Deutschland hinein brachte uns der Zug. Wir kamen nach Halle,
nach Magdeburg, Wernigerode. Dort werden wir in die Harz-Quer-


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